Keltische Kriegführung

Keltische Kriegführung bezeichnet die Art und Weise, in welcher die Angehörigen der Volksgruppe der Kelten ihre kriegerischen Konflikte austrugen. Sie umfasst sowohl die Bewaffnung, das praktische Kriegshandwerk, als auch dessen Methoden, Taktik und Strategie.

Verbreitung der keltischen Kultur von ca. 800 (dunkelgrün) bis 275 v. Chr. (hellgrün)

Quellenlage

Bewaffnung und Kampfesweise der keltischen Krieger unterlag einiger regionaler Variation, außerdem änderte sich dies während der langen Hochzeit der Kelten von der Hallstattzeit bis zum Ende der Latènezeit. Mit Beginn der Latènezeit sind die Grabbeigaben in Form von Waffen und anderer Ausrüstung so umfangreich, dass auf dieser Basis einige allgemeine Aussagen zum keltischen Krieger gemacht werden können. Weitere Quellen zur Bewaffnung und zum keltischen Kriegswesen bilden bildliche Darstellungen in der Kunst der Kelten sowie in der Kunst benachbarter Völker wie der Griechen, Etrusker und Römer sowie Texte antiker Autoren.[1][2]

Bewaffnung und Ausrüstung

Keltischer Helm (4. Jahrhundert v. Chr.)

Angriffswaffen

Keltisches Schwert, ca. 60 v. Chr.

Die wichtigste Angriffswaffe der Kelten war das Schwert, diese Waffe ist auch durch eine dreistellige Anzahl von archäologischen Funden gut belegt. Frühe Beispiele hatten eine Klinge von durchschnittlich 60 cm Länge, die sowohl für Hiebe als auch Stiche geeignet waren. Später setzten sich längere Schwerter von 80 cm mit abgerundeter Spitze durch, die nur noch als Hiebwaffe gebraucht wurden.[3] Eine altkeltische Bezeichnung für das Schwert ist auch in die lateinische Sprache eingegangen (vgl. lateinisch gladius mit altirisch claideb und kymrisch cleddyf), ein Hinweis, dass das keltische Schwert in der antiken Welt sehr geschätzt wurde.[4]

Schon aus Gräbern der Hallstattzeit sind ferner Lanzen- und Pfeilspitzen und schwere Hiebmesser belegt; im Osten Europas finden sich außerdem noch Streitbeile.[2] Wurflanzen wurden vermutlich unter anderem von Kriegern im Streitwagen eingesetzt, wie Wagengräber des Marnegebiets belegen: Dort fand man Speere von 2,50 Meter Länge mit langem, schmalen Blatt. Daneben gibt es auch Funde von Stoßlanzen mit Eisenspitzen von 30 bis 60 cm Länge.[5] Gaius Iulius Caesar erwähnt in seinen Berichten auch Bogenschützen, aber da Pfeil und Bogen als Grabbeilagen kaum nachgewiesen sind, sind sie vielleicht eher Jagd- als Kriegswaffen. Aus Caesars Berichten über Britannien sind außerdem noch Geschosse aus Stein und Ton für Schleudern bekannt.[3]

Schutzbewaffnung

Keltische Bronzerüstung, spätes 7. oder frühes 6. Jahrhundert v. Chr.

Als Schutzbewaffnung dienten keltischen Kriegern Helme, Panzer und Schilde. Schilde bestanden meist aus mit Leder bezogenem Holz und wurden mit Metallbeschlägen verstärkt. Während die Schilde in der Anfangszeit eher klein waren (ca. 50 × 40 cm), waren sie später mannshoch.[6]

Helme aus Eisen oder Bronze sind vergleichsweise selten durch archäologische Ausgrabungen nachgewiesen. Helme aus Metall waren vermutlich eher Anführern der Kelten vorbehalten, aber es ist möglich, dass einfache Krieger Lederhelme trugen, die aufgrund ihres Materials nicht bis heute überdauert haben.[6] Die heute noch erhaltenen Metallhelme weisen eine große Formvielfalt auf, in der Frühzeit der Kelten spitzkonisch und bis zu 30 cm hoch, später halbkugelig, schlicht und funktional. Die Helme hatten recht früh einen Nackenschutz, später auch Wangenklappen. Keltische Helme dienten als Vorbild für den eisernen Legionärshelm der römischen Kaiserzeit.[7]

Gelegentlich ist der Übergang von Kriegsausrüstung zu Ritualgegenstand fließend. So wurde in einem reich ausgestatteten Keltengrab in Rumänien auch ein Helm gefunden, welcher von einem metallenen Raubvogel gekrönt ist, dessen Flügel beweglich sind.[8] Der Battersea-Schild aus dem keltischen Britannien diente wohl auch nur rituellen Zwecken, da er zu kurz ist, um in einer Schlacht effektiv Schutz zu bieten.

Auch für metallene Körperbepanzerung gilt, dass sie vor allem führenden keltischen Kriegern vorbehalten waren. Lederrüstungen sind aufgrund ihres Materials kaum nachweisbar, aber es ist wahrscheinlich, dass diese auch zum Einsatz kamen. Kettenhemden waren jedoch eher selten und kostbare Prestigeobjekte. Laut Varro sollen Kettenhemden eine keltische Erfindung sein.[7]

Weitere Ausrüstung

Durch antike Autoren ist bezeugt, dass die Kelten verschiedene Feldzeichen in die Schlacht führten, so wird dies unter anderem von Polybios (Historien 2,32,6) und Caesar (Gallischer Krieg, 7,2,2) erwähnt. Vermutlich handelte es sich dabei um Tierstandarten.[9]

Belegt ist auch der Einsatz von Kriegsinstrumenten, den Carnyxen, diese sollten die Gegner einschüchtern und die Kämpfer inspirieren (Polybius, Historien, 2,29-1).[10]

Militärische Organisation

Infanterie und Kavallerie

Der Großteil der keltischen Truppen bestand zunächst aus Infanterie. Ab dem 2. Jahrhundert v. Chr. ist ein Aufstieg der Kavallerie bei den Kelten zu beobachten, vermutlich auch verursacht durch die Verbreitung des Hörnchensattels, der dem Kämpfer auch ohne Steigbügel einen festen Sitz ermöglichte. Reiter kämpften vermutlich hauptsächlich mit denselben Waffen wie die Infanterie, also Schild, Schwert und Lanze. Da die Reiter eher der keltischen Führungsschicht angehörten, trugen sie zusätzlich vermutlich auch noch Helm und eine Körperpanzerung.[11]

Die keltischen Streitkräfte verwendeten Pferde nicht nur für die Kavallerie; sie wurden auch als Zugtiere für Streitwagen eingesetzt. Diodor schreibt in seiner Bibliotheke (5,29), dass jeder Streitwagen zwei Besatzungsmitglieder trug, einen Wagenlenker und einen adligen Krieger oder Champion. Die Streitwagen werden dann als Mischung von Infanterie und Kavallerie eingesetzt: Der Streitwagen würde in das Getümmel fahren, von wo der Krieger aus dem Gefährt springt und kämpft. Gaius Iulius Caesar beschreibt, dass die Wagenlenker extrem agil auf dem fahrenden Wagen agierten, so würden sie zum Teil weit nach vorne klettern, auf das Joch, um die Pferde besser zu lenken.[12] Vor allem in Britannien überdauerten die primitiven Wagen länger als auf dem europäischen Kontinent.

Taktik

Antike Autoren erwähnen verschiedene Kampftaktiken der Kelten. Bekannt ist vor allem der Ansturm einer massiven Kriegermasse. Dieser wilde Frontalangriff, von den Römern Furor Celtica genannt, sollte Angst einflößen und den Gegner damit schnell besiegen.[13]

Auf einigen Abbildungen, wie etwa auf den Situlen und einer Schwertscheide aus den Ausgrabungen in Hallstatt, werden nebeneinanderstehende, gleichartig ausgerüstete Krieger dargestellt. Dies könnte als Indiz gelten, dass die Kelten den Kampf in der geschlossenen Formation, einer Phalanx, übernahmen.[14] Caesar beschreibt beim Kampf gegen helvetische Stämme eine keltische Phalanx.

Zusätzlich zu diesen offenen Kampfesmethoden setzten die Kelten auch auf Guerillataktik. Sie verstanden es gut, den Gegner aus dem Wald anzugreifen oder ihn mit Plänklern zu stören.

Kriegerkult

Die Kelten hatten eine Kriegerkultur. Kämpfer wurden als Helden verehrt und Mut am Schlachtfeld war eine wichtige Tugend. Die keltischen Elitekämpfer fungierten als Vorbilder, welche andere Krieger durch ihren Mut inspirieren sollten.

Antike Autoren berichten von der Sitte der Kelten, ihren getöteten Feinden die Köpfe abzutrennen und diese zu sammeln, der sogenannte keltische Kopfkult. Solche Trophäen wurden an den Hals des Pferdes gehängt und später an die Häuser genagelt oder konserviert und in einer Truhe aufbewahrt.[15]

In der Schlacht liebten die Kelten Zurschaustellung. So gibt es Legenden von einem keltischen Herrscher, der mit einem silbernen Streitwagen in die Schlacht fuhr. Natürlich ist Silber sehr weich und daher eher ungeeignet für einen Streitwagen, doch die feindlichen Truppen ergriffen der Geschichte nach die Flucht beim bloßen Anblick. Die Britannier rieben sich laut Caesar (De bello Gallico, Liber V 14, 2) vor dem Kampf mit Färberwaid (vitrum) ein. Auch Plinius der Ältere erwähnt diesen Brauch (Naturalis historia XXII, 2, 1).

Bekannt ist auch der keltische Kriegslärm, etwa Sprechchöre; dies diente der psychologischen Kriegsführung, dem Versuch, den Feind zu verunsichern und ihn leichter zur Niederlage zu bringen.[16]

Kelten als Söldner

Kelten kämpften oft als Söldner; Hannibal hatte eine Garde von Gaesati. Die antiken Ptolemäer und das Königreich Pontos setzten Kelten (Galater) ein. Weitere Herrscher, die keltische Söldner einsetzten, waren Dionysios I. von Syrakus und Antigonos II. Gonatas, einer der Nachfolger Alexanders des Großen.[17]

Die Erben der Kelten setzten die Söldnertradition im Mittelalter fort: Walisische Bogenschützen und irische Kerns fanden oft Platz in englischen Armeen. Frankreich profitierte vom Konflikt zwischen England und Schottland. Die Schotten schickten regelmäßig Söldner, um gegen den gemeinsamen Feind vorzugehen. Die Franzosen bildeten daraus die „Compagnie des Gendarmes Ecossois“, welche mit Bögen und Degen bewaffnet wurden. Gälische Reiter, sogenannte „Hobbilare“ kämpften oft für Frankreich und England.

Quellen

  • Gaius Iulius Caesar, De bello Gallico

Literatur

  • Dorothee Ade, Andreas Willmy: Die Kelten. Theiss, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-8062-2115-2.
  • Barry Cunliffe: The Ancient Celts. Oxford University Press, Oxford 1997, ISBN 0-19-815010-5.
  • Peter Berresford Ellis: The Celtic Empire – The first millennium of Celtic history. Constable Publishings, London 1990, ISBN 0-09-468670-X.
  • Adrian Goldsworthy: Die Kriege der Römer. Brandenburgisches Verlagshaus, Berlin 2001, ISBN 3-89488-136-4.
  • Paul Jacobsthal: Early Celtic Art. Oxford University Press, Oxford 1969. (2003, ISBN 0-19-817170-6).
  • Bernhard Maier: Die Kelten. Ihre Geschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart. 3. Auflage. Beck, München 2016, ISBN 978-3-406-69752-4.
  • Plantagenet Somerset Fry: Roman Britain. David & Charles PLC, 1984, ISBN 0-7153-8267-5.
  • Peter Wilcox: Rome´s Enemies – Gallic and British Celts. Osprey Publishing, London 1985, ISBN 0-85045-606-1.

Weblinks

Wikibooks: De bello gallico – Lern- und Lehrmaterialien (Lua-Fehler in Modul:Multilingual, Zeile 149: attempt to index field 'data' (a nil value))

Einzelnachweise

  1. Bernhard Maier: Die Kelten. Ihre Geschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart. 3. Auflage. Beck, München 2016, ISBN 978-3-406-69752-4, S. 72.
  2. 2,0 2,1 Dorothee Ade, Andreas Willmy: Die Kelten. Theiss, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-8062-2115-2, S. 84–85.
  3. 3,0 3,1 Dorothee Ade, Andreas Willmy: Die Kelten. Theiss, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-8062-2115-2, S. 87.
  4. Bernhard Maier: Die Kelten. Ihre Geschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart. 3. Auflage. Beck, München 2016, ISBN 978-3-406-69752-4, S. 72–73.
  5. Bernhard Maier: Die Kelten. Ihre Geschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart. 3. Auflage. Beck, München 2016, ISBN 978-3-406-69752-4, S. 73.
  6. 6,0 6,1 Bernhard Maier: Die Kelten. Ihre Geschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart. 3. Auflage. Beck, München 2016, ISBN 978-3-406-69752-4, S. 73–74.
  7. 7,0 7,1 Dorothee Ade, Andreas Willmy: Die Kelten. Theiss, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-8062-2115-2, S. 88.
  8. Dorothee Ade, Andreas Willmy: Die Kelten. Theiss, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-8062-2115-2, S. 47.
  9. Bernhard Maier: Die Kelten. Ihre Geschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart. 3. Auflage. Beck, München 2016, ISBN 978-3-406-69752-4, S. 76–77.
  10. Dorothee Ade, Andreas Willmy: Die Kelten. Theiss, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-8062-2115-2, S. 170.
  11. Dorothee Ade, Andreas Willmy: Die Kelten. Theiss, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-8062-2115-2, S. 86.
  12. Bernhard Maier: Die Kelten. Ihre Geschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart. 3. Auflage. Beck, München 2016, ISBN 978-3-406-69752-4, S. 74–75.
  13. Dorothee Ade, Andreas Willmy: Die Kelten. Theiss, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-8062-2115-2, S. 92.
  14. Dorothee Ade, Andreas Willmy: Die Kelten. Theiss, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-8062-2115-2, S. 85.
  15. Bernhard Maier: Die Kelten. Ihre Geschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart. 3. Auflage. Beck, München 2016, ISBN 978-3-406-69752-4, S. 78.
  16. Dorothee Ade, Andreas Willmy: Die Kelten. Theiss, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-8062-2115-2, S. 92.
  17. Dorothee Ade, Andreas Willmy: Die Kelten. Theiss, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-8062-2115-2, S. 90–91.

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