Werkzeuge - Überlieferungen aus der Altsteinzeit

Die Altsteinzeit – fachsprachlich Paläolithikum, von griech. παλαιός (palaios) "alt" und λίθος (lithos) "Stein" – war die erste und längste Periode der Urgeschichte und bezeichnet in Europa und Asien jeweils den ältesten Abschnitt der Steinzeit. Der Terminus bezieht sich auf die dominierende Überlieferung von Steinwerkzeugen, während Werkzeuge aus Knochen und Holz vergleichsweise selten gefunden werden. In Afrika wird der Begriff Early Stone Age verwendet. Auf dem amerikanischen Kontinent und in Australien ist diese Gliederung nicht üblich.

Steinwerkzeuge sind stumme Zeugen vergangener Technik. Sie sind so langlebig, dass man den menschlichen Erfindergeist aus längst vergangenen Zeiten bis in die jüngere Vergangenheit rekonstruieren kann.

Zu schwer für die junge Finderin?

Am Beginn der Homininen-Evolution vor 5 - 6 Millionen Jahren spielten Steinwerkzeuge offenbar keine Rolle. Es gibt keine Anzeichen von bearbeiteten Steinen, die älter als 3,3 Millionen Jahre sind. Sollten so alte Artefakte tatsächlich existieren, dann würde man sie wohl am ehesten an den Homininen-Fundstellen von Laetoli oder Hadar in Ostafrika finden.

An einigen Fundstellen in Kenia kamen tatsächlich Werkzeuge zum Vorschein, die älter als 3,3 Millionen Jahre sind. An einer Fundstelle in Äthiopien stieß man auf Tierknochen mit Schnittspuren, die 3,4 Millionen Jahre alt sind. In dieser Zeit, dem ausgehenden Pliozän, könnten zwar bereits Werkzeuge aus Holz zum Einsatz gekommen sein, doch die wären heute nicht mehr erhalten. Daher konzentriert man sich beim Blick in die Vergangenheit im Allgemeinen auf Steinwerkzeuge, was aber nicht bedeutet, dass man ihre Rolle überschätzt.

Für ihre Hersteller waren Steinwerkzeuge allerdings enorm wichtig, beispielsweise bei der Verarbeitung von Pflanzenteilen, beim Schneiden von Fleisch und für die Herstellung von anderen Werkzeugen. Sie erlaubten es den Frühmenschen, Holz zu formen, Häute abzuschaben und Sehnen herauszulösen. Die Schneide eines dünnen Abschlags aus Feuerstein oder Obsidian ist genauso scharf wie eine Klinge aus Stahl, es fehlt nur die Flexibilität. Steinwerkzeuge haben bis vor einigen Jahrtausenden ihren Zweck so gut erfüllt, dass offensichtlich keine Notwendigkeit bestand, Metalle zu nutzen.


Perioden der Werkzeugkulturen

Die Entstehung von Technik ist ein sehr bedeutender Meilenstein in der Evolution des Menschen. Zwar hat man bei nicht weniger als 20 Tierarten beobachtet, dass Werkzeuggebrauch durchaus üblich ist, doch bei Primaten tun dies regelmäßig nur Schimpansen und Menschen. Menschen müssen schon sehr früh eine gute Wahrnehmung für geeignete Steine entwickelt haben, die für eine Weiterverarbeitung geeignet waren.

Das einfachste Steinwerkzeug ist nicht viel mehr als ein Naturstein, etwa ein von Wasser abgetragener Gesteinsbrocken, ausgewählt für die Verwendung als Schlag- und Hammerstein, wie man es manchmal bei Schimpansen beobachten kann. Diese natürlich geformten Steine gehörten wahrscheinlich zu den ersten Werkzeugen, die jemals verwendet wurden. Jeder weitere Schritt der technischen Innovationen in der Frühzeit des Menschen erfordert diese einfachen Schlag- und Hammersteine. Ein Hammerstein wurde verwendet, um Splitter aus einem Kern zu schlagen. Eine Alternative, um einen Naturstein zu zerbrechen, wäre das Werfen oder Fallenlassen aus großer Höhe. Damit kann man zwar scharfe Kanten erzeugen, aber kein ausgeklügeltes Werkzeug.

Herstellung eines Werkzeugs aus Feuerstein

Zu den frühesten Homininen gehören Vertreter der Gattung Australopithecus, die man bis auf wenige Funde aus Dikika, Äthiopien und Lomekwi, Kenia nie mit der Herstellung von Steinwerkzeugen in Verbindung bringen konnte. Allerdings schließt dies nicht aus, dass sie regelmäßig Werkzeuge aus anderem Material benutzt haben. Beispielsweise wurden im südafrikanischen Swartkrans Überreste von Antilopenhörnern gefunden, die in der Nähe der Spitze seltsame, waagrecht und senkrecht verlaufende Streifen aufweisen. Möglicherweise sind sie entstanden, als ein Hominine mit Hilfe des Horns Knollen und andere Pflanzenteile aus der Erde grub. In Swartkrans stammen die meisten homininen Überreste von Australopithecus robustus.

Die Herstellung von fortgeschrittenen Werkzeugen aus Stein könnte also eine evolutive Neuerung und Anpassung gewesen sein, die nur von unserer eigenen Gattung Homo beherrscht wurde. So wurden Steinwerkzeuge als effektive Erweiterung der Arme und Hände genutzt. Frühe Menschen veränderten mit Werkzeugen die Gegenstände in ihrer Umwelt, was im Laufe der Zeit zu einem bedeutenden Aspekt unserer Anpassung an ökologische Gegebenheiten wurde und offensichtlich parallel zur Vergrößerung unseres Gehirns und zur Entwicklung unseres Sozialverhaltens beitrug.

Einige der frühesten bekannten Werkzeuge stammen aus der Shungura Formation des Omo-Tals in Äthiopien und sind kaum mehr als zweigeteilte Geröllbrocken​​. An anderen Stellen - auch an den frühesten - gehörten zur Werkzeugherstellung allerdings auch immer kontrollierte Abschläge. Verschiedene feinkörnige Gesteine ​​zeigen einen so genannten Muschelbruch - die Schockwellen der Schläge laufen entlang einer geschwungenen Linie durch den Kern und lösen einen gekrümmten Abschlag ab. Zu solchen Gesteinen ​​gehören viele Laven sowie Feuerstein und Hornstein, die bei der Werkzeugherstellung schon in frühesten Zeiten verwendet worden sind.

Zu den wesentlichsten Elementen der Steintechnologien gehören Abschläge und Kerne. Abschläge sind relativ dünne, einzelne Stücke. Kerne sind der Ursprung, aus dem die Abschläge herausgelöst wurden. Hunderte von Abschlägen können aus einem einzigen Kern von einem Knapper - wie der geschickte prähistorische Werkzeughersteller im Fachjargon genannt wird [1] - abgeschlagen werden. [1] von engl. to knap - behauen

Lesen Sie hier weiter: Älteste Werkzeuge - Die Schnittspuren von Dikika

Literatur

Asfaw B, Beyene Y, Suwa G, Walter R. C, White T. D, Wolde Gabriel G, Yemane T. 1992. The earliest Acheulean form Konso-Gardula. Nature 360, pp. 732-734

Cambridge Encyclopedia of Human Evolution. Cambride University Press


Werkzeuge | Paläoökologie | Homo
Acheuléen - Steinwerkzeuge
Schon zu einem frühen Zeitpunkt in der Geschichte der Steinwerkzeuge machte man Fortschritte bei der Formgebung und Gestaltung.
Werkzeuge | Australopithecus
Australopithecus garhi
Australopithecus garhi wurde im April 1999 auf der Bouri-Halbinsel in Äthiopien ausgegraben.
Werkzeuge | Paläoökologie | Homo
Das Mittelpaläolithikum - Steinwerkzeuge
Das Mittelpaläolithikum folgt dem Unteren Paläolithikum mit seinen Kulturstufen Oldowan und Acheuléen nach.
Werkzeuge | Paläontologie | Datierung
Die Datierung von Fossilien und Artefakten
Nur wenn man das Alter paläontologischer und archäologischer Funde abschätzen kann, läßt sich für die Evolution ein zeitlicher Ablauf rekonstruieren.
Werkzeuge | Eiszeit | Kunst
Die Erfindung der Musik
Im Sommer 2008 haben Ausgrabungen an den Fundstellen Hohle Fels und Vogelherd zu einer nahezu vollständigen Knochenflöte und einzelnen Fragmenten dreier Elfenbeinflöten geführt, die nun neue Belege für Musik im Paläolithikum liefern.
Werkzeuge | Eiszeit | Homo sapiens | Kultur | Kunst
Die Kunst der Eiszeit - Figürliche Darstellungen
Die Menschen der Oberen Altsteinzeit machten dramatische kulturelle Fortschritte, die in der Kunst der späten Eiszeit gipfeln.
Werkzeuge | Eiszeit | Kunst
Eiszeitkunst - Höhepunkt prähistorischer Kreativität
Die phantastischen Malereien auf den Wänden der Höhle von Lascaux im Südwesten Frankreichs zeigen lebensnahe Formen von Pferden, Hirschen und Rindern.
Werkzeuge | Nach der Eiszeit | Eiszeit | Archäologie | Feuer
Megalithen und Metalle
Zu allen Zeiten versuchten Menschen, aus ihrem Leben das Beste zu machen: Sie nutzten das Angebot der Natur nach bestem Wissen aus, und manchmal erweiterten sie dieses Wissen durch zufällige oder scharfsinnige Beobachtungen.
Werkzeuge | Paläoökologie | Homo
Oberes Paläolithikum - Steinwerkzeuge
Im Nahen Osten wurden vor etwa 40.
Werkzeuge | Hominine
Oldowan - Steinwerkzeuge
Die ältesten bekannten Steinwerkzeuge sind mehr als 3 Millionen Jahre alt und stammen von Fundstellen in Äthiopien, Kenia, Zaire und Malawi.
Werkzeuge | Paläoökologie | Homo
Acheuléen - Steinwerkzeuge
Schon zu einem frühen Zeitpunkt in der Geschichte der Steinwerkzeuge machte man Fortschritte bei der Formgebung und Gestaltung.
Paläoökologie | Fossil | Homo erectus
Bilzingsleben - Homo erectus bilzingslebensis
Am Rande des Thüringer Beckens, nahe der kleinen Ortschaft Bilzingsleben im Kreis Sömmerda, befindet sich eine einzigartige archäologische Grabungsstelle.
Werkzeuge | Paläoökologie | Homo
Das Mittelpaläolithikum - Steinwerkzeuge
Das Mittelpaläolithikum folgt dem Unteren Paläolithikum mit seinen Kulturstufen Oldowan und Acheuléen nach.
Anatomie | Paläoökologie | Hominine | Aufrechter Gang
Der aufrechte Gang
Der Mensch: Das ist ein intelligentes Wesen mit einem großen Gehirn, das aufrecht geht.
Paläoökologie | Specials
Der Mensch und die Anfänge der Medizin
Schmerzen gibt es seit Anbeginn der Menschheit.
Paläoökologie | Jagd
Die Bedeutung der Jagd in der Evolution des Menschen
Erste Hinweise auf gezielte Jagd nach Beutetieren stammen von Homo erectus.
Paläoökologie | Nach der Eiszeit | Eiszeit | Archäologie
Die Erfindung der Landwirtschaft
Ein gutes Beispiel für die Domestikation ist Weizen, die bis heute wichtigste Nutzpflanze der Menschheit.
Paläoanthropologie | Paläoökologie | Ernährung | Feuer
Die Evolution des Menschen und Ernährung
Nach Ansicht vieler Forscher hat sich vor rund 10 Millionen Jahren in Ostafrika das Klima allmählich gewandelt, so dass die Umwelt allmählich von feuchten Regenwaldgebieten in trockene Savannenbiotope überging.
Sprache | Paläoökologie | Gehirn
Die menschliche Sprache - Wie, wann, und warum
Eine lange Leitung zu haben, gilt als wenig schmeichelhaft.
Anatomie | Paläoökologie | Fossil | Australopithecus
DIK1-1 »Dikika Baby« - Australopithecus afarensis
Das drei Millionen Jahre alte Skelett eines dreijährigen Kindes (ein Mädchen) liefert ein hervorragendes Hilfsmittel, um die körperliche Entwicklung eines menschlichen Vorfahren zu verstehen, der, wie es scheint, zwar aufrecht ging aber noch die Fähigkeit besaß, auf Bäume zu klettern.
Werkzeuge | Paläoökologie | Homo
Oberes Paläolithikum - Steinwerkzeuge
Im Nahen Osten wurden vor etwa 40.
Paläoökologie | Nach der Eiszeit | Erdgeschichte
Was ist eine Eiszeit
Eigentlich ist die Erde ein wohltemperierter Planet.
Hominine | Australopithecus
Australopithecus (Paranthropus) aethiopicus
Mit der Entdeckung von KNM-WT 17000, dem „schwarzen Schädel“, im Jahr 1986 konnte man einen wichtigen Mosaikstein zum Gesamtbild der Australopithecinen hinzufügen.
Hominine | Australopithecus
Australopithecus (Paranthropus) boisei
Australopithecus boisei sah ähnlich wie Australopithecus robustus aus, hatte aber ein massiveres Gesicht und riesige Backenzähne, einige Molare erreichten bis zu 2 cm im Durchmesser.
Hominine | Australopithecus
Australopithecus afarensis
Australopithecus afarensis aus dem mittleren und späten Pliozän Äthiopiens, Tansanias und Kenias ist nach Australopithecus anamensis eine der ältesten und primitivsten Arten von Australopithecus.
Hominine
Australopithecus africanus
Australopithecus africanus ist ein ausgestorbener, aufrecht gehender Vormensch aus der Unterfamilie Australopithecinae (innerhalb der Familie Hominidae), der in Süd- und Ostafrika verbreitet war.
Hominine
Australopithecus anamensis
Die ersten Fossilien von Australopithecus anamensis wurden in der Region Kanapoi östlich des Lake Turkana bereits im Jahre 1965 entdeckt.
Hominine | Australopithecus
Australopithecus sediba
Australopithecus sediba ist die neueste Art eines Australopithecinen, dessen Überreste auf das Pleistozän mit einem Alter von 1,78 bis 1,95 Jahren datiert wurden [2].
Anatomie | Paläoökologie | Hominine | Aufrechter Gang
Der aufrechte Gang
Der Mensch: Das ist ein intelligentes Wesen mit einem großen Gehirn, das aufrecht geht.
Taxonomie | Hominine | Homo | Australopithecus | Neandertaler | Homo sapiens | Homo erectus | Homo heidelbergensis
hominid oder hominin
Diese Frage sorgt sowohl in der Öffentlichkeit als auch in der Fachwelt oft für Verwirrung.
Hominine | Homo
Homo habilis
Homo habilis ist eine gut erforschte, aber schlecht definierte Spezies.
Hominine | Homo
Kenyanthropus platyops
Meave Leakey und Justus Erus fanden im Jahr 1999 in Lomekwi, an der Westseite des Turkanasees in Kenia die außergewöhnlichen Fossilien eines bis dahin unbekannten Homininen.
Taxonomie | Fossil | Hominine | Homo | Australopithecus
Kenyanthropus platyops - KNM-WT 40000
Justus Erus und Meave Leakey fanden 1999 in Lomekwi an der Westseite des Turkanasees in Kenia diese außergewöhnlichen Fossilien.
Werkzeuge | Hominine
Oldowan - Steinwerkzeuge
Die ältesten bekannten Steinwerkzeuge sind mehr als 3 Millionen Jahre alt und stammen von Fundstellen in Äthiopien, Kenia, Zaire und Malawi.
Anatomie | Hominine
Sahelanthropus tchadensis
In der Djurab-Wüste im Tschad in Zentralafrika wurde im Jahr 2001 ein fossiler Schädel und mehrere Unterkiefer und Zähne einer möglicherweise aufrecht gehenden Primatenart entdeckt, deren Alter auf 6 bis 7 Millionen Jahre geschätzt wird.
Taxonomie | Fossil | Hominine
Sahelanthropus tchadensis - TM 266-01-060-1 »Toumaï«
Das bislang älteste bekannte Mitglied der Menschenfamilie entdeckte ein Forscherteam aus Frankreich und dem Tschad im Juli 2001 in der Sahelzone in Zentralafrika.

Die News der letzten 14 Tage 0 Meldungen

Knochen des Tages
KUS-VP-2-97
KUS-VP-2-97

Kuseracolobus aramisi


Elemente: R. LM1 or M2
Middle Awash, Äthiopien