Schanzenberg (Granitz)

Schanzenberg

Der Schanzenberg in der Granitz: Blick südwestwärts über den nördlichen Teil des Walls, 2015

Alternativname(n) Schanzenort, ehemals weitere 2 kleine flankierende Wallanlagen Silvitzer Ort und Kathrinenberge
Staat Deutschland (DE)
Entstehungszeit Bronzezeit
Burgentyp Höhen-/ Fluchtburg
Erhaltungszustand Wallreste
Geographische Lage 54° 24′ N, 13° 40′ OKoordinaten: 54° 24′ 3″ N, 13° 40′ 7,1″ O
Schanzenberg (Mecklenburg-Vorpommern)

Der Schanzenberg ist eine Wallanlage im Waldgebiet der Granitz im Südosten der Insel Rügen.

Lage und Beschreibung

Burgwall Schanzenort: Schanzenort (I), Falkenberger Ufer (II), Messtischblatt 376, 316a: Middelhagen (Ausschnitt), 1885

Im Südosten der Insel Rügen erstreckt sich die Granitz als Gruppe bewaldeter Höhen. In der Granitz nennt Grümbke drei Wälle, die alle drei nicht weit vom Meer auf den Uferhöhen des Silvitzer und Granitzer Ortes liegen. Das Wort „Granitz“ deutet auf eine viereckige, hölzerne Grenzmarkierung hin, woraus sich später eine Bezeichnung für die Grenze selbst entwickelte (siehe auch Granica). Warum das Waldgebiet diesen Namen erhielt, ist unbekannt. Der Name „Silvitzer Ort“ scheint auf eine eingegangene Ortschaft hinzuweisen.[1] Der mittlere Wall, der Schanzenberg oder auch Schanzenort genannt, befindet sich in der Nähe des schwarzen Sees und ist gegen das Falkenberger Ufer gewandt. Mit Bäumen und Gebüsch überwachsen, ist der Wall nur schwer aufzufinden. Die halbkreisförmige Anlage liegt auf einer Anhöhe, die die Natur selbst als Wall geformt hat. Die Abdachung des Walles trifft mit der abschüssigen Senke, der Berglehne, so genau zusammen, dass es nur ein Ganzes zu sein scheint. Grümbke beschreibt weiter, dass sich zu beiden Seiten dieser größeren Anlage zwei weitere, kleinere Befestigungen befinden. Westlich befindet sich die eine, nicht weit des Silvitzer Ortes (Umgebung der Koordinaten 54.399433N | 13.634216O). In östliche Richtung befindet sich die Andere hinter den Kathrinenbergen (Koordinaten 54.388352N | 13.687731O), ungefähr mittig zwischen Granitzer Ort und Quitzlaser Ort.[2] Tatsächlich liegt der Schanzenberg am östlichen Ufer des Granitzer Ortes, welches übereinstimmend mit Grümbkes Beschreibung den Namen Schanzenort[3] trägt (Koordinaten 54.400842N | 13.668644O). Die, auf einem Ufervorsprung durch den Wall geschützte, Fläche beträgt etwa 200 × 150 Meter. Innerhalb der Anlage ist der Wall 2 bis 3 Meter, außerhalb der Anlage 5 bis 9 Meter hoch. Die Lage ermöglicht eine weite Sicht sowohl nach Norden, wie auch nach Süden. Ausgrabungen, die weitere Ergebnisse liefern können, sind bisher nicht erfolgt.[4] Der Wall befindet sich unweit nordwestlich des Falkenberger Ufers. Wie nach Grümbkes Beschreibung ist die Anlage aufgrund der Topographie des Geländes nur schwer erkennbar und liegt auf einem vorhandenen Höhenzug, welcher durch den aufgesetzten Wall zusätzlich erhöht bzw. verstärkt wird. Im nordwestlichen und nordöstlichen Ende des Walls befinden sich zwei Zugänge durch die der Hochuferweg verläuft. Der nordwestliche Eingang war 2015 anhand eines über dem Zugang fast waagerecht umgeknickten Baumstamms auffallend gekennzeichnet. Südlich dieses Zuganges befinden sich zwei weitere Walleinschnitte an der Westseite der Anlage. Diese beiden Durchbrüche sind auf der Messtischblatt 376, 316a: Middelhagen (Ausschnitt) verzeichnet (westlich und nördlich von I). Sie scheinen einen jeweiligen Zugang zu den, hinter dem Wall gelegenen, unterschiedlichen Höhenebenen zu geben. Im Wallareal kurz hinter dem nordöstlichen Zugang befinden sich zwei quadratische Betonfundamente unbekannter Funktion, wodurch dieser Eingang leicht aufzufinden ist. Südlich davon befindet sich noch ein weiterer Durchbruch durch den östlichen Wall. Die Uferkante, welche die Wallanlage umschließt, senkt sich relativ sanft zum Wasser hinab, so dass der Kliffbereich fast vollständig bewaldet ist. Anhand dieser topographischen Eigenschaft wird sich die Küstenerosion in diesem Bereich verzögert und so der Erhalt der Anlage begünstigt worden sein. Der von Grümbke genannte Wall am Silvitzer Ort ist, aufgrund fortwährender Uferabstürze, nicht mehr vorhanden. Auch die Anlage hinter den Kathrinenbergen ist anhand dieser Gründe nur noch auf einem geringen Ufervorsprung vorhanden. Nach Alfred Haas entsprachen die äußeren Anlagen, ähnlich wie der Sattel auf dem Hengst, als treffliche Warte (castrum speculatorium) für die, sich nordostwärts ausbreitenden, Meeresflächen. Beide Punkte könnten im Verbund die Lage in der Prorer Wiek überwacht haben. So trägt das Gebiet zwischen Silvitzer Ort und Granitzer Ort den Namen „Kieköwer“ oder „Kieküber“. Es ist ihm auch plausibel, dass neben dem Wall am Silvitzer Ort auf der anderen Seite des Granitzer Ortes ein ähnlicher Ausguckwall an den Katharinenbergen lokalisiert war, während sich zwischen beiden Schutzwällen der Schanzenberg, als Refugium der Bevölkerung, befand. Haas schließt aufgrund fehlender geschichtlicher Erwähnungen über die Entstehung der Befestigungswerke, dass sie vorgeschichtlicher Zeit entstammen.[5]

Wallanlagen in der Granitz: Silvitzer Ort (I), Granitzer Ort (II), Falkenberger Ufer (III), Schwarzer See (IV), Kathrinenberge (V) und Quitzlaser Ort (VI), Friedrich von Hagenow, auf der Karte von Neu-VorPommern und der Insel Rügen / entworfen von Dr Fr. V. Hagenow 1839

Geschichte

Im Neolithikum entwickelt sich im hügeligen, mit Niederungen durchsetztem, Raum südlich der Granitz zwischen dem Rügischen Bodden der Lauterbacher Bucht, der Having und zum Selliner See eine geschlossene Siedlungskammer,[6] welche bis in die ausgehende Eisenzeit kontinuierlich genutzt wird.[7] Knapp vermutet im Schanzenort eine bronzezeitliche Fluchtburg.[8] In der Granitz selbst ist das Fehlen von weiteren Bodendenkmälern auffällig, obwohl das Land rings umher von vorzeitlichen Grabmälern übersät ist. V. Hagenow vermutet daher, dass es sich bei der Granitz um einen Urwald handelt oder gar religiöse Aspekte in Form eines heiligen Haines für dieses Fehlen verantwortlich sind.[9] Vergleichend zur Stubnitz unterstützt die Häufung an Großstein- und Hügelgräbern als Grenzmarken in unmittelbarer Nähe des Granitzer Forstes, die Annahme einer bronzezeitlichen Nutzung der genannten Verteidigungsanlagen.

Volkstümliche Überlieferung

Der Volkskundler Alfred Haas überliefert das Märchen in seinem Buch von 1903[10] so:

Das im schwarzen See versunkene Schloss.
In der Granitz, zwischen Jagdschloss und Sellin liegt in stiller Waldeseinsamkeit ein kleiner See, welcher im Volksmunde als der Schwarze See bezeichnet zu werden pflegt. In diesem See ist vor vielen hundert Jahren ein prächtiges Schloss mit all seinen Bewohnern versunken. Nur der Schlossherr, welcher zu derselben Zeit zufällig auf die Jagd gegangen war, kam mit dem Leben davon. Als er nach beendigter Jagd auf das Schloss zurückkehren wollte, fand er an der Stelle, wo dasselbe gestanden hatte, den See vor, und von all den Herrlichkeiten, die er wenige Stunden vorher verlassen hatte, erblickte er nichts weiter, als einen Stuhl, welcher auf dem See in der Nähe des Ufers umherschwamm. Auf dem Stuhle lagen seine Handschuhe, die er beim Aufbruch zur Jagd im Schloss vergessen hatte. Jetzt erinnerte er sich dessen, und unwillkürlich griff er nach den Handschuhen; kaum aber hatte er sie genommen, so sank auch der Stuhl in die Tiefe. Hätte er statt der Handschuhe den Stuhl ergriffen, so wäre das ganze Schloss mit all seinen Bewohnern wieder an die Oberfläche gekommen und erlöst gewesen.
Jedoch kann das Schloss auch jetzt noch erlöst werden, und zwar auf folgende Weise:
Wenn der Tag, an welchen das Schloss einst in die Tiefe gesunken ist, sich jährt, so kommt es an die Oberfläche des Wassers herauf. Wenn dann jemand den Mut hat, über das Wasser hinzuschreiten und in das Schloss einzutreten, so ist dieses erlöst. Und dabei braucht er keine Angst zu haben, dass er versinkt, denn das Wasser hat an diesem Tage die Kraft, dass es den, der das Schloss erlösen will, trägt und an der Oberfläche hält.
In der Neujahrsnacht kann man den Jubel der Schlossbewohner aus der Tiefe des Wassers heraufschallen hören. Sie sind dann zuweilen so laut, dass der ganze Wald davon wiederhallt.“

Diese Sage findet sich in ganz ähnlicher Fassung am Serpin und am Herthasee wieder. Aus der Überlieferung vermutet Haas, gleich der beiden anderen Orte, dass sich am Ufer des Schwarzen Sees eine heidnische Kultstätte befunden haben könnte.[11]

Literatur

  • Nils Petzholdt: Rügens vorslawische Burganlagen In: Pommern. Zeitschrift für Kultur und Geschichte. Heft 1/2016, ISSN 0032-4167, S. 4–13. oder Nils Petzholdt: Rügens vorwendische Wehranlagen In: Stralsunder Hefte für Geschichte, Kultur und Alltag, Stralsund 2016, ISBN 978-3-95872-039-8, S. 97–107.

Einzelnachweise

  1. Oskar Beyersdorff, Slawische Streifen, in: Baltische Studien AF 33, Stettin 1883, S. 58–62
  2. Johann Jacob Grümbke: Neue und genaue geographisch-statistisch-historische Darstellungen von der Insel und dem Fürstenthume, Rügen 1819, Band 2, S. 220–221
  3. Reichsamt für Landesaufnahme, Messtischblatt 376, 316 a: Middelhagen, Aufnahme 1885, herausgegeben 1887, einzelne Nachträge 1909, 1:25000, Berlin 1909
  4. Ingrid Schmidt, Hünengrab und Opferstein, Rostock 2001, S. 75
  5. Alfred Haas: Die Granitz auf Rügen, in: Baltische Studien NF 20, Stettin 1917, S. 14–16
  6. Wilhelm Petzsch: Die Steinzeit Rügens, in: Mitteilungen aus der Sammlung vaterländischer Altertümer der Universität Greifswald 3, Greifswald 1928, S. 7–156
  7. Elsbeth Lange, Lebrecht Jeschke und Hans Dieter Knapp: Ralswiek und Rügen, Landschaftsentwicklung und Siedlungsgeschichte der Ostseeinsel, Teil I – Die Landschaftsgeschichte der Insel Rügen seit dem Spätglazial, in Schriften zur Ur- und Frühgeschichte, Band 38, Berlin 1986, S. 139–143
  8. Hans Dieter Knapp: Rügens Geschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart in fünf Teilen, Teil 1: Rügens Frühe Geschichte, Putbus 2008, S. 120
  9. Friedrich von Hagenow: von Hagenows Karte von Rügen, in: Neue Pommersche Provinzblätter, Band 3, herausgegeben von Ludwig Giesebrecht und Johann Christian Ludwig Haken, Stettin 1828, S. 319–320
  10. Alfred Haas: Rügensche Sagen und Märchen. 3. Auflage. Johs. Burmeister, Stettin 1903, XV. Untergegangene Städte, Burgen, Schlösser und Kirchen. 143. Das im schwarzen See versunkene Schloss, S. 132–133 (online im Internet Archive).
  11. Alfred Haas: Die Granitz auf Rügen, in: Baltische Studien NF 20, Stettin 1917, S. 49–50

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