Ponce-Monolith

Der Ponce-Monolith mit dem Sonnentor im Hintergrund. Wie bei allen Präsentationsmonolithen enden beide Arme des Monolithen in linken Händen, was bei der rechten Körperseite eine unmögliche akrobatische Geste darstellt. Der Grund für diese ungewöhnliche Darstellungsweise ist schwer zu erklären.

Der Ponce-Monolith (auch Ponce-Stele genannt, benannt nach dem bolivianischen Archäologen Carlos Ponce Sanginés) ist ein aus Andesit bestehender Monolith (genauer Stele) der Tiwanaku-Kultur. Er befindet sich in der Ruinenstätte Tiwanaku in Bolivien. Innerhalb der Ruinenstätte steht er im Zentrum von Kalasasaya.

Geschichte

Während einer Periode größerer Verwaltungsreformen der spanischen Kolonialisten im Jahr (oder nach) 1572 wurden die bedeutendsten Stelen der Ruinenstätte und der angrenzenden Stadt (darunter der Ponce-Monolith) während einer feierlichen Prozession markiert und anschließend begraben. Dies lässt sich daraus schließen, dass sowohl der Ponce- als auch der Suñawa-Monolith Markierungen aufweisen: In den rechten Oberarm des Ponce-Monolithen wurde von den Spaniern ein Kreuz im „Cruz del Carmen“-Stil eingeritzt, bei dem das untere Segment der Form eines Zirkels ähnelt.[1] Ebenso wurde in den Körper des Suñawa-Monolithen die Inschrift „EL PRIMERO ENERO AÑO 1572“ („der erste Januar 1572“) eingeritzt. Die Stelen wurden anschließend von den Kolonialisten vergraben, möglicherweise um ihnen ein (aus ihrer Sicht) angemessenes „christliches Begräbnis“ zu ermöglichen. Der Ponce-Monolith wurde dann im Jahr 1957 intakt und in situ von einem Grabungsteam unter der Leitung des bolivianischen Archäologen Carlos Ponce Sanginés innerhalb der Monumentalstruktur Kalasasaya wiederentdeckt.[2][3]

Am 24. Februar 2021 besprühten christliche Fanatiker im Rahmen eines „religiösen Aktes“ sowohl das Sonnentor von Tiwanaku, als auch den Mönch- und den Ponce-Monolithen mit Olivenöl. Dies könne nach der Meinung eines Konservierungsexperten möglicherweise zu einer Verschlechterung der lithischen Struktur der über 1500 Jahre alten Monolithen führen.[4][5]

Basisdaten

Seitenansicht des Ponce-Monolithen. Zu erkennen ist das sogenannte „Wellenband“, welches in anderer Konfiguration ebenso das Sonnentor von Tiwanaku und den Bennett-Monolithen ziert und Anadenanthera colubrina-Samensymbole, die sich am rockartigen Gewand befinden.

Der aus sehr hartem vulkanischen Gestein (Andesit) bestehende Monolith ist 3 m groß. Der Ponce-Monolith gehört zusammen mit dem Bennett- und Mönch-Monolith zu den „großen drei“ Monolithen auf die sich Wissenschaftler zumeist fokussieren, da sie am besten erhalten und am besten zugänglich sind. Die Ikonografie der „Großen Drei“ ist allerdings nicht unbedingt repräsentativ für die große Vielfalt an Monolithen in Tiwanaku.[6] Der Ponce-Monolith ist einem bestimmten Monolithen-Genre der Tiwanaku-Kultur zuzuordnen, den sogenannten Präsentationsmonolithen.[7] Er ist neben dem Pachakama-Monolith, Suñawa-Monolith und dem Monolithen names „El Gigante“ (von dem nur noch der „Gigantenkopf“ vorhanden ist) einer der vier bekannten Monolithen aus Andesit. Alle anderen bei Tiwanaku gefundenen Monolithen – die entweder dem Genre der Präsentationsmonolithen oder dem der Monolith mit ausgestreckten Armen angehören – bestehen aus Sandstein.[8] Präsentationsstelen wie der Ponce-Monolith wurden von den Tiwanakanern strategisch innerhalb der Zeremonienkerne (meist in sogenannten „versunkenen Höfen“) positioniert und ausgerichtet.[9]

Briefmarke aus dem Jahr 1960 mit der Ponce-Stele als Motiv

Der Ponce-Monolith hält in der linken Hand ein – möglicherweise mit Chicha gefüllten – Keru (ein spezifisches Tiwanaku-Trinkgefäß) aus dem „Richtungsindikatoren“ ragen. In der rechten Hand hält er ein Schnupftabak-Tablett.[10]

Körper-Ikonografie

Die Körper-Ikonografie des Ponce-Monolithen zeigt „Prozessionsfiguren“ und die für die Tiwanaku-Ikonografie typische „zentral frontal abgebildete Figur“ (oft mit „Stabgottheit“ bezeichnet).[11] In Qunchupata wurden Gefäßfragmente gefunden, die eine frontal-abgebildete Figur zeigen, die derjenigen auf der Rückseite des Ponce-Monolithen stark ähnelt. Die beiden Darstellungen ähneln sich so stark, dass Patricia Knobloch annimmt beide würden zeitlich sehr nah beieinander liegen.[12] Mathieu Viau-Courville indetifizierte den „Stab“, den die frontal-abgebildete Figur in der linken Hand hält als Speerschleuder. Diese Speerschleuder ist nahezu identisch zu den Speerschleudern, die Max Uhle in Peruvian throwing-sticks. (1909) veröffentlichte (insbesondere zur Speerschleuder Nr. 9). Der „Stab“, den die frontal abgebildete Figur der Qunchupata-Keramik in der linken Hand hält, kann somit ebenso als Speerschleuder interpretiert werden.[13]

Der Ponce-Monolith besitzt wie andere Skulpturen des klassischen Tiwanaku-Stils zahlreiche Anadenanthera colubrina-Symbole, die an die begleitenden Figuren („Prozessionsfiguren“) „angehängt“ sind.[14] Ebenso seien nach Juan Carlos Quiroga u.  a. die konzentrischen Kreismotive der rockartigen Gewandung des Ponce-Monolithen Darstellungen von Anadenanthera colubrina-Samen. Diese seien vergleichbar zu denen der rockartigen Gewandung des Mönch-Monolithen, Bennett-Monolithen und des „Tesoro de San Sebastián“.[15]

Galerie

Siehe auch

Weblinks

Commons: Ponce-Monolith – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Anna Guengerich, John W. Janusek: The Suñawa Monolith and a Genre of Extended-Arm Sculptures at Tiwanaku, Bolivia. Ñawpa Pacha (2020), S. 10.
  2. Anna Guengerich, John W. Janusek: The Suñawa Monolith and a Genre of Extended-Arm Sculptures at Tiwanaku, Bolivia. Ñawpa Pacha (2020), S. 10 f.
  3. John Wayne Janusek: Identity and power in the ancient Andes: Tiwanaku cities through time. Routledge, 2004., S. 256.
  4. Aprehenden a cinco turistas que dañaron la Puerta del Sol y dos monolitos de Tiwanaku. Reduno, 26. Februar 2021, abgerufen am 3. März 2021 (Lua-Fehler in Modul:Multilingual, Zeile 149: attempt to index field 'data' (a nil value)).
  5. Tras deteriorar 15 bloques líticos de Tiwanaku, pastor evangélico alega que fue por un ‘acto religioso’. Erbol, 21. März 2021, abgerufen am 6. Juni 2021 (Lua-Fehler in Modul:Multilingual, Zeile 149: attempt to index field 'data' (a nil value)).
  6. Anna Guengerich, John W. Janusek: The Suñawa Monolith and a Genre of Extended-Arm Sculptures at Tiwanaku, Bolivia. Ñawpa Pacha (2020), S. 24.
  7. Anna Guengerich, John W. Janusek: The Suñawa Monolith and a Genre of Extended-Arm Sculptures at Tiwanaku, Bolivia. Ñawpa Pacha (2020), S. 4.
  8. Anna Guengerich, John W. Janusek: The Suñawa Monolith and a Genre of Extended-Arm Sculptures at Tiwanaku, Bolivia. Ñawpa Pacha (2020), S. 2.
  9. Mathieu Viau-Courville: Spatial Configuration in Tiwanaku Art. A Review of Stone Carved Imagery and Staff Gods. Boletín del Museo Chileno de Arte Precolombino 19.2 (2014): 9-28, S. 22.
  10. Charles Stanish, Alexei Vranich: Visions of Tiwanaku. Institute of Archaeology Press, Los Angeles (2013) Band 78, S. 144 f.
  11. Anna Guengerich, John W. Janusek: The Suñawa Monolith and a Genre of Extended-Arm Sculptures at Tiwanaku, Bolivia. Ñawpa Pacha (2020), S. 14 f.
  12. William H. Isbell, Patricia J. Knobloch: Missing Links, Imaginary Links: Staff God Imagery in the South Andean Past. In: Andean Archaeology III. Springer, Boston, MA, 2006. 307-351., S. 327
  13. Mathieu Viau-Courville: Spatial Configuration in Tiwanaku Art. A Review of Stone Carved Imagery and Staff Gods. Boletín del Museo Chileno de Arte Precolombino 19.2 (2014): 9-28, S. 16.
  14. William H. Isbell, Patricia J. Knobloch: Missing Links, Imaginary Links: Staff God Imagery in the South Andean Past. In: Andean Archaeology III. Springer, Boston, MA, 2006. 307-351., S. 328
  15. Juan Carlos, Quiroga, et al.: Iconografía de Villca en estelas líticas del sitio arqueológico de Tiwanaku. Revista Ciencia, Tecnología e Innovación 17.20 (2019): 51-64, S. 59.

Koordinaten: 16° 33′ 17,2″ S, 68° 40′ 23,2″ W

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