Guðríðr Þorbjarnardóttir

Datei:GudridurThornbjarnardottir.JPG
Abguss einer von Ásmundur Sveinsson geschaffenen Statue von Guðríðr Þorbjarnardóttir und ihrem Sohn in Laugarbrekka, Island

Guðríðr Þorbjarnardóttir, deutsch auch Gudridur Thorbjarnardottir (* um 980 in Laugarbrekka auf Snæfellsnes) war eine isländische Entdeckerin, die zeitweilig in Grönland und Vinland lebte und möglicherweise die erste Frau war, die in Amerika ein Kind europäischer Abstammung zur Welt brachte.[1][2]

Herkunft

Guðríðr war die Tochter von Þorbjǫrn Vífilsson, einem isländischen Häuptling und heidnischen Priester (Gode), und von Hallveig Einarsdóttir, einer Tochter von Einarr frá Laugabrekka. Ihr väterlicher Großvater, Vífill, war ein Engländer aus vornehmer Familie, den Auðr djúpúðga Ketilsdóttir nach Island verschleppt, dann aber freigelassen und mit Land im Vífilsdalur ausgestattet hatte.

Leben

Guðríðr war nach der Saga von Erik dem Roten eine schöne und in jeder Hinsicht außergewöhnliche Frau, die auch zu den ersten Christen in Island zählte. Nachdem sie einen Heiratsantrag ausgeschlagen hatte, verließ sie mit ihrem Vater Island, der sein Land verkaufte, um sich mit 30 Männern Erik dem Roten in Grönland anzuschließen. Dieser gab Þorbjǫrn Land auf Stokkanes, wo er sich niederließ.

Guðríðr war in erster Ehe mit Þórir, einem Norweger, verheiratet, der jedoch mit seinem Schiff, auf dem sich Guðríðr und 13 Mann Besatzung befanden, auf einem Riff vor Grönland Schiffbruch erlitt. Leif Eriksson, der gerade von seiner Entdeckungsreise aus Vinland in Nordamerika zurückkam, rettete die Mannschaft und nahm Guðríðr und ihren Mann im Hof seines Vaters in Brattahlíð auf. Durch eine Seuche verstarb jedoch Þórir und ein Großteil seiner Mannschaft bald darauf.

Guðríðr heiratete in zweiter Ehe am Gutshof von Erik dem Roten in Brattahlíð (heute Qassiarsuk) dessen Sohn, Þorsteinn Eiríksson. In Grönland bestand damals größtes Interesse an dem von Leif Erikson kürzlich (um das Jahr 1000) entdeckten Vinland in Neufundland im heutigen Kanada. Auch Guðríðrs Mann, Þorsteinn Eiríksson, wollte daher die Chance nutzen, in Vinland ein neues Leben aufzubauen. Guðríðrs Vater Þorbjǫrn Vífilsson stellte ihm sein Schiff für diese Expedition zur Verfügung, an der auch Guðríðr und 25 Mann teilnahmen. Die Expedition verlief jedoch wegen Schlechtwetter erfolglos. Bald darauf verstarb Þorsteinn in Grönland an einer Seuche, prophezeite aber zuvor Guðríðr eine erfolgreiche Zukunft und eine zahlreiche Nachkommenschaft. Sie zog daraufhin an den Hof ihres Schwagers Leif Erikson nach Brattahlíð.

Im gleichen Sommer kam aus Norwegen ein Handelsschiff nach Grönland, dessen Eigentümer ein isländischer Häuptling aus Reynines im nordisländischen Skagafjörður, Thorfinn Karlsefni war, dessen Ahnenreihe nach der Saga von Erik dem Roten bis auf Björn Eisenseite, dem Sohn des legendären dänischen und schwedischen König Ragnar Lodbrok aus dem Haus der Ynglinger zurückreicht. Thorfinn wurde von Erik dem Roten in Brattahlíð über den Winter aufgenommen und verliebte sich dort in dessen verwitwete Schwiegertochter. Bald darauf heiratete Guðríðr in dritter Ehe Thorfinn Karlsefni. Auch Thorfinn wollte das viel versprechende Vinland besuchen und organisierte eine Expedition mit zwei Schiffen und 160 Personen an Bord, darunter seine Frau Guðríðr und sein Schwager Þorfinnr Eiríksson.

Guðríðr gebar in Amerika ihren Sohn Snorri Þorfinnsson.[3] Er ist vermutlich der erste in Amerika geborene Europäer, der in Island eine zahlreiche Nachkommenschaft hinterließ. Nach drei Jahren kehrte die Expedition nach Grönland zurück. Thorfinn reiste mit Guðríðr und seinem Sohn Snorri über Norwegen nach Island und kehrte auf seinen Gutshof in Glaumbær nahe dem Skagafjörður[4] zurück.

Nach der Heirat ihres Sohnes unternahm Guðríðr eine Pilgerreise nach Rom, wobei ihr Sohn Snorri während ihrer Abwesenheit eine Kirche in der Nähe des Guts in Glaumbaer errichten ließ. Sie wurde nach ihrer Rückkehr Nonne und lebte als Eremitin.[5]

Kinder und Nachkommenschaft

Guðríðr hatte mit Thorfinn Karlsefni u. a. folgende Nachkommen:

  • Snorri Þorfinnsson aus Glaumbær im Skagafjörður
    • Hallfríðr Snorradóttir
      • Þorlákur Runólfsson, 3. Bischof von Skálholt in Südisland (1118–1133)
    • Þorgeirr Snorrason
      • Yngvildr Þorgeirsdóttir
        • Brandur Sæmundsson, 4. Bischof von Hólar (1163–1201)
    • Steinunnr Snorradóttir ⚭ Einarr Ketilsson, Sohn von Grundar-Ketill
      • Þorsteinn Einarsson ranglátr
        • Guðrún Þorsteinsdóttir ⚭ Jorund Gunnarsson
  • Þorbjǫrn Þorfinnsson
    • Þórunn Þorbjarnardóttir
      • Björn Gilsson, 3. Bischof von Hólar (1147–1162)

Literatur

  • Jón R. Hjálmarsson: Die Geschichte Islands von der Besiedlung bis zur Gegenwart. Übersetzt von Gudrun M. H. Kloes. Iceland Review, Reykjavík 1994, ISBN 9979-51-093-5.
  • Magnus Magnusson, Hermann Pálsson: The Vinland Sagas: The Norse Discovery of America: Graenlendinga Saga and Eirik’s Saga (= Penguin classics; L154). Penguin Classics, Harmondsworth, 1965. Neuauflage: Penguin Books, London / New York, 1987 und 2003, ISBN 0-14-044154-9.
  • Farley Mowat: Westviking: The Ancient Norse in Greenland and North America. Little & Brown, Boston, 1965, OCLC 255606155. Neuauflage: McClelland & Stewart, Toronto, 1990, ISBN 978-0-7710-6692-4.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Guðriðarkirkja í Grafarhólti: nafngift. gudridarkirkja.is; abgerufen am 25. Mai 2010
  2. Dietmar Pieper: Wikingerin Gudridur in Amerika: Schlaflos über das Nordmeer. In: Spiegel Online. Abgerufen am 3. August 2021.
  3. Árni D. Júlíusson, Jón Ólafur Ísberg (Hrsg.): Íslands sagan í máli og myndum. Mál og Menning, Reykjavík 2005, S. 24
  4. Homepage des Museumshofes Glaumbær. wayback.vefsafn.is; abgerufen am 25. Mai 2010
  5. Árni D. Júlíusson, Jón Ólafur Ísberg (Hrsg.): Íslands sagan í máli og myndum. Mál og Menning, Reykjavík 2005, S. 24

Die News der letzten Tage