Thorfinn Karlsefni

Thorfinn Karlsefnis Expedition nach Vinland 1=Norwegen, 2=Island, 3=Ostsiedlung (Grönland), 4=Westsiedlung (Grönland), 5=Helluland (Baffinland), 6=Markland (Labrador) 7=Bjarney (Neufundland), 8=Vinland (Sankt-Lorenz-Golf)

Thorfinn Karlsefni (altisländisch: Þorfinnr Karlsefni) war ein isländischer Seefahrer und Händler, der um 1010 mit 160 Siedlern auf drei Wikingerschiffen nach Vinland aufbrach. Unter den Siedlern befanden sich unter anderem seine Frau Guðríður Þorbjarnardóttir, Freydis Eriksdóttir und Thorvald Eiriksson, die Halbschwester bzw. der Bruder von Leif Eriksson.

Herkunft

Geboren ist er, wie die Saga von Erik dem Roten erzählt, am nordisländischen Skagafjörður in der Ortschaft Reynines als Sohn des Thórdar Hesthöfðar (Pferdekopf) und seiner Frau Thorunn. Genaue Lebensdaten von ihm sind nicht überliefert. Es ist davon auszugehen, dass er um 980 geboren wurde und vermutlich um 1035 verstarb. Die Familie wird als sehr reich und von großem Einfluss beschrieben. Die Fernfahrten der isländischen Kaufmannsfamilie müssen sich gar bis an die deutsche Nordseeküste erstreckt haben, da sie nachweislich in Bremen mit dortigen Kaufleuten Handelsgeschäfte tätigten.[1] Um 1009 reiste Thorfinn mit seiner Schiffsbesatzung an den Hof Erik des Roten in Grönland und heiratete dort die Witwe von Eriks Sohn, Þórsteinn Eiríksson, die Isländerin Guðríður.

In Vinland

Im Jahr nach der Hochzeit beschlossen er und Snorri Thorbrandsson mit mehreren Schiffen und 140 Mann nach Vinland zu fahren. Die kleine Wikingerflotte landete der Saga nach auf der südöstlich von Markland gelegenen Insel Bjarney. Dort beobachteten die Männer Bären und benannten die Insel nach ihnen. Die Seereise hatte bis dahin von Grönland ausgehend zwei Tage und zwei Nächte in Anspruch genommen. Nach weiteren 2 Tagen sichteten sie ein Kap an einer hafenlosen Küstenlinie, auf dem sie einen Schiffskiel fanden, und tauften die Landzunge Kjalarnes (Kielhalbinsel). Die Beschreibung der langgezogenen Küste erinnert stark an die im Sankt-Lorenz-Golf liegenden Magdalenen-Inseln, einem Archipel auf dem es viele Schiffswracks aus den letzten Jahrhunderten gibt. Auch ähnelt die Form der Inseln einem Schiffskiel der Wikingerzeit.

Furðustrandir – Die Nordküste der Prince Edward Island bei Cavendish

Auf der südwärts führenden Route segelte Thorfinn an einem langen Sandstrand, in der Saga steuerbordseitig, ostwärts entlang. Unterbrochen wurde er nur von einigen großen Prielen und sie nannten diese Landschaft „Furðustrandir“, auf deutsch Wunderstrand, weil er so lang war, wie es ihn sonst an den Ufern des Nordatlantik so nicht gibt.

Das Land wurde im Osten der Insel erkundet, und man suchte für den bevorstehenden Winter eine geeignete Stätte für das mitgebrachte Vieh und die Nahrung für sie selbst bot. Den Meeresarm benannten sie Straumsfjorður und die in der Mitte befindliche Insel Straumsey, auch wegen der starken Gezeitenströmung.

Hóp

Hier verbrachte man den Winter. Thorfinn beschloss, für einen mehrjährigeren Verbleib in Vinland eine geeignetere Stelle für eine Niederlassung zu finden. Andere wollten wieder zurück zum „Furðustrandir“, und so trennte sich das Schiff von Thorhall von den übrigen. Er wurde nach Osten verschlagen, kam nach Irland, wo man ihn tötete. Im kommenden Frühjahr wurde die Südküste entlang gesegelt.

Der Restigouche am Ausgang des Sees mit Campbellton

Sie segelten, bis sie einen Fluss erreichten, der vom Land in einen See floss und dann ins Meer. Es waren große Inseln in der Flussmündung und man konnte nicht in den Fluss gelangen, es sei den in der Zeit des Tidenhöchststandes. Thorfinn segelte mit seinen Leuten zur Flussmündung und nannte das Land Hóp. Dort fanden sie Felder mit wildem Weizen, (was nicht sein kann) wo immer das Land flach war, und Wein wuchs dort, wo der Boden begann rauer zu werden. Alle Bäche waren voll Fisch, und sie gruben Gräben in den seichten Strandzonen, warteten die Flut ab und bei Ebbe fanden sie Heilbutt in den Löchern vor. Zudem bot der Wald eine große Anzahl von wildlebenden Tieren. Sie errichteten ihre Siedlung oberhalb des Sees.

Skraelinger

Stammesgebiet und Teilvölker der Mi'kmaq im 18. Jahrhundert

Thorfinns Leute blieben drei Jahre in Hóp und erkundeten in diesen Jahren auch per Schiff das weiträumige Umfeld. Die Leute bewirtschafteten das Land um den See herum in nun mehreren dorfähnlichen Niederlassungen, so die Saga. Zu Kontakten mit den Ureinwohnern kam es gleich im ersten Sommer.

Der Kontakt Thorfinns mit den Skraelingern gestaltete sich von Jahr zu Jahr schwieriger. Im ersten Sommer verlief der Tauschhandel nach anfänglichen Kommunikationsproblemen friedlich. Im nächsten Jahr waren die Ureinwohner aber über einen von Thorfinn aufgestörten aggressiven Bullen so in Schrecken versetzt worden, dass sie den Handelsort fluchtartig verließen. Der dritte Sommer war von Anfang an kriegerisch. Die Nordmänner empfingen die Indianer in vorausschauender Weise in Schlachtordnung, und es kam zum Kampf. Zwei Grönländer und vier Indianer wurden getötet und die Skraelinger in die Flucht geschlagen. In dieser Auseinandersetzung tat sich auch Freydis, die Tochter Eriks des Roten, besonders hervor.

Rückreise

Nun beschlossen Thorfinn und seine Leute, dass das Land zwar alle Möglichkeiten einer ständigen Besiedlung in hervorragender Weise biete, der Konflikt mit den Skraelingern aber nicht aufhören würde und die Anzahl der Nordmänner hierfür zu gering sei. Es wurden nun Vorbereitungen für die Rückfahrt nach Grönland und Island getroffen. Beladen wurden die Schiffe auch mit den Gütern, die den Siedlern auf Grönland und Island nicht zur Verfügung standen – Hartholz, Vinland-Wein und Pelze.

Die Schiffe kamen in Grönland und Island wohlbehalten an. Thorfinns Familie ließ sich auf Island in der Nähe seines Heimatortes Reynines nieder und errichtete ein Gut in Glaumbær. Auch mit den neu erstandenen Gütern aus Vinland wurde weiter Handel betrieben, der die Familie wohlhabend und einflussreich machte. Wann die Vinland- und Grönlandfahrten der Isländer aufhörten, ist nicht bekannt. Der Familie entstammen einige der ersten Bischöfe Islands und zu Beginn des 12. Jahrhunderts wurde ein zweiter isländischer Bischofssitz im abgelegenen Hólar gegründet. Auch ist im 18. Jahrhundert noch von einem Beamtengeschlecht aus Reynines, den Reinisstadgeschlecht, die Rede.

Wertung

Die großartigen Leistungen der Island- und Grönlandwikinger als Entdecker, insbesondere Thorfinn Karlsefnis, würdigte der berühmte schwedische Polarforscher Freiherr Adolf Erik Nordenskiöld: "Mit den kühnen Entdeckungen der Normannen wurde der Rahmen des ptolemäischen Weltbildes durch eine auf wirklicher Beobachtung gegründete Kartenzeichnung zum ersten Mal durchbrochen, der Glaube an die Unfehlbarkeit des alexandrinischen Gelehrten erschüttert und der Enthusiasmus zu neuen Entdeckungen geweckt. Sicher ist, daß jene 160 Menschen unter Führung Thorfinn Karlsefnis, die 1006 nach Amerika aufbrachen, ihre Tat in das Buch der Eroberung der Erde durch den Menschen mit unvergeßlichen Lettern eingetragen haben" (zit. P. Herrmann 1936, S. 58).

Quellen und Literatur

  • „Die Geschichte von Erich dem Roten.“ In: Grönländer und Färinger Geschichten. Übertragen von Felix Niedner. Darmstadt 1965, S. 23–48.
  • „Die Erzählung von den Grönländern.“ In: Grönländer und Färinger Geschichten. Übertragen von Felix Niedner. Darmstadt 1965, S. 49–85.
  • Bernd Gottschling (Bearb.): Vinland Sagas. Aus dem Altisländischen. Nachwort von Else Ebel. Hattingen: Verlag Dr. Bernd Kretschmer 1982.
  • Paul Hermann: Das große Wagnis. 6000 Kampf um den Erdball. Berlin 1936
  • Lutz Mohr, Robert Liese: Wikinger zwischen Pommern und Polarkreis. Wahrheit oder Sagas. Horn-Bad Meinberg: Leo-Verlag Robert Liese 1997, 2. bearb. Aufl. 2000, ISBN 3-9805594-0-8.
  • Lutz Mohr: Isländisches Sagengut und seine Beziehungen zu Deutschland. In: ISLAND. Zeitschrift der Deutsch-Isländischen Gesellschaft e.V. Köln und der Gesellschaft der Freunde Islands e.V. Hamburg, Jg. 2, Heft 2, Köln/Hamburg 1992, S. 24–30, ISSN 0535-7209
  • Harald Steinert: Tausend Jahre Neue Welt. Auf den Spuren der Wikinger in Grönland und Amerika. Darmstadt: Deutsche Verlagsanstalt 1982.
  • THULE: Altnordische Dichtung und Prosa, Band 13: Grönländer und Färinger Geschichten. Hrsg. und übertragen von Felix Niedner. Neuausgabe. Mit Nachwort von Siegfried Beyschlag. Düsseldorf/Köln: Eugen Diederichs Verlag 1965
  • Kurt Welker: Der vergessene Kontinent. Die Entdeckungsfahrten der Normannen nach Grönland und Nordamerika. Leipzig: F.A. Brockhaus 1970.
  • Farley Mowat, Westviking: The Ancient Norse in Greenland and North America 1965, ISBN 978-0-7710-6692-4.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Vgl. L. Mohr 1996, S. 27.

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