Tempel des Hercules Musarum

Rekonstruierter Lageplan des Tempels des Hercules Musarum nach den Fragmenten der FUR, umfasst von der später errichteten Porticus Philippi

Der Tempel des Hercules Musarum (Tempel des Hercules der Musen; lateinisch aedes Herculis Musarum) war ein mutmaßlich im Jahr 179 v. Chr. geweihtes Heiligtum auf dem Marsfeld in Rom.[1]

189 v. Chr. herrschte Römisch-Syrischer Krieg zwischen Rom und dem Seleukidenreich, dessen König Antiochos III. bereits am Rande der Niederlage war. In Mittelgriechenland startete der mit ihm verbundene Aitolische Bund eine Offensive gegen den mit Rom verbundenen makedonischen König Philipp V., was Roms frisch gewählten Konsul Marcus Fulvius Nobilior auf den Plan rief. Fulvius Nobilior gelang es, mit seinen Truppen die Oberhand zu erlangen und sich während der vorbereitenden Verhandlungen um den Frieden von Apameia im strategisch bedeutsamen Ambrakia in Griechenland auf dessen Belagerung und Annexion zu beschränken.[2] Nach Rom zurückgekehrt, stiftete er möglicherweise im Rahmen eines ihm im gleichen Jahr zugestandenen Triumphes den Tempel des Hercules der Musen.[3] Diesen ließ er beim Circus Flaminius errichten und eine Kopie der Fasti darin anbringen.[4] Aus seiner Kriegsbeute von Ambrakia stiftete er zudem neun Musenstatuen unbekannter Künstler in den Tempel.[5]

Spätestens unter Augustus erfuhr der Tempel eine Rundumerneuerung. Diese ging auf den spanischen Statthalter Lucius Marcius Philippus zurück, der im Rahmen seines Triumphes die Porticus Philippi errichten und den Tempel renovieren ließ.[6]

Nicht vollständig erwiesen ist, wann der Tempel seiner Bestimmung zugeführt wurde. Lawrence Richardson Jr. geht davon aus, dass er frühestens 185 v. Chr. geweiht wurde.[7] Mehrheitlich wird jedoch die Quelle des Eumenius[8] herangezogen und der Tempel in Fulvius’ Zensoriatsjahr 179 v. Chr. datiert.[9][10]

Im Norden konnten Teile des Fundaments und massive Tuffblöcke aus opus quadratum archäologisch nachgewiesen werden. Es handelt sich um einen kleinen Abschnitt der Ringmauer des Rundtempels aus dem 2. Jahrhundert v. Chr.,[11] hinreichend allerdings für eine valide Rekonstruktion, die dem Bau einen Durchmesser von etwa 11,50 m beimisst. Auf den Fragmenten der severischen Forma Urbis Romae (FUR) erscheint der Tempel mit der ihn umlaufenden, jedoch erst aus augusteischer Zeit stammenden Porticus Philippi nahezu vollständig erhalten.[12] Im Areal des Tempels wurde eine Statuenbasis gefunden, deren Inschrift den Konsul Fulvius Nobilior als Stifter nennt und die Herkunft der Statue aus Ambrakia erweist.[13] Seine Zensur wird nicht erwähnt.

Zugang ins Heiligtum war vom Circus Flaminius aus gegeben. Die FUR lässt eine Interpretation zweier zahnschnittartiger Flügel als Podium zu, über das eine Treppe zwischen den Flügeln zum Podium des Heiligtums führte. In der Mitte und zwischen den Flügeln stand ein kreisförmiges Gebilde, das als Rundaltar interpretiert wird (siehe Schaubild). An der Rückseite des Podiums des Heiligtums schnitt eine Exedra ein. Das Heiligtum selbst interpretiert Filippo Coarelli als runden Zentralbau mit Kuppel und vorgelagertem tetrastylen Pronaos.[14] Hier werden die Fasti des Fulvius rekonstruiert, auch könnten auf dem Podium die Musen gestanden haben. Andreas Grüner erkennt eher einen runden, hypäthralen Hof mit vorgelagerter Portikus.[15]

Über dem Tempel wurden die zur Kirche Sant’Ambrogio della Massima gehörenden Klostergebäude erbaut.[16]

Literatur

  • Jon Albers: Campus Martius. Die urbane Entwicklung des Marsfeldes von der Republik bis zur mittleren Kaiserzeit. Reichert, Wiesbaden 2013, S. 71–73. 108.
  • Filippo Coarelli: Il Campo Marzio. Dalle origini alla fine della Repubblica. Quasar, Rom 1997, S. 478.
  • Andreas Grüner: Das Pantheon des Agrippa: Architektonische Form und urbaner Kontext. In: Gerd Graßhoff, Michael Heinzelmann, Markus Wäfler (Hrsg.): The Pantheon in Rome. Contributions to the Conference Bern, November 9–12, 2006 (= Bern Studies in the History and Philosophy of Science. Band 1). Universität Bern, Bern 2009, S. 41–68 (Repository).
  • Andreas Grüner: Das Pantheon und seine Vorbilder. In: Römische Mitteilungen. Band 111, 2004, S. 495–512.
  • Mario Martina: Aedes Herculis Musarum. In: Dialoghi di Archeologia. Nuova Serie, Band 3, 1981, S. 46–48.
  • C. E. V. Nixon, Barbara Saylor Rodgers: In Praise of Later Roman Emperors. The Panegyrici Latini. Introduction, Translation, and Historical Commentary with the Latin Text of R. A. B. Mynors (= Transformation of the Classical Heritage. Band 21). University of California Press, Berkeley/Los Angeles/Oxford 1994 (beinhaltet die elf spätantiken Panegyrici).
  • Lawrence Richardson Jr.: Hercules Musarum and the Porticus Philippi in Rome. In: American Journal of Archaeology. Band 81, 1977, S. 355–61.
  • Alessandro Viscogliosi: Hercules Musarum, Aedes In: Eva Margareta Steinby (Hrsg.): Lexicon Topographicum Urbis Romae. Band 3. Quasar, Rom 1996, S. 17–19.

Einzelnachweise

  1. Sueton, Divus Augustus 29,5 (online) (Memento des Originals vom 2. Mai 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.thelatinlibrary.com.
  2. John D. Grainger: The Roman War of Antiochos the Great. Brill, Leiden/Boston 2002, S. 339.
  3. Cicero, Archias 27 (online).
  4. Macrobius, Saturnalia 1,12 (online).
  5. Plinius der Ältere, Naturalis historia 35,66.
  6. Ovid, Fasti 6,799–812; vgl. James George Frazer: Ovid’s Fasti. Text und englische Übersetzung. Heinemann, London 1931, Nachdruck 1959 (archive.org); Tacitus, Annalen 3,72,1; Samuel Ball Platner, Thomas Ashby: A Topographical Dictionary of Ancient Rome. Oxford University Press, London 1929, S. 255 (online).
  7. Lawrence Richardson Jr.: Hercules Musarum and the Porticus Philippi in Rome. In: American Journal of Archaeology, Band 81, 1977, S. 355, 357.
  8. Eumenius inst. schol. 7.2-3; Hrsg.: C. E. V. Nixon, B. S. Rodgers: In Praise of Later Roman Emperors. The Panegyrici Latini. Introduction, Translation, and Historical Commentary with the Latin Text of R. A. B. Mynors. Berkeley/Los Angeles/Oxford 1994.
  9. M. Martina: Aedes Herculis Musarum. In: Dialoghi di Archeologia, Nuova Serie, Band 3, 1981, S. 46–48.
  10. Jon Albers: Campus Martius. Die urbane Entwicklung des Marsfeldes von der Republik bis zur mittleren Kaiserzeit. Reichert, Wiesbaden 2013, S. 71–73, 108.
  11. Alessandro Viscogliosi: Hercules Musarum, Aedes. In: Eva Margareta Steinby (Hrsg.): Lexicon Topographicum Urbis Romae. Band 5, Quasar, Rom 1997, S. 19.
  12. FUR: Fragmente: 31bb; 31dd; 31eeff.
  13. CIL 06, 01307
  14. Filippo Coarelli: Il Campo Marzio. Dalle Origini alla Fina della Repubblica. Quasar, Rom 1997, S. 478.
  15. Andreas Grüner: Das Pantheon und seine Vorbilder. In: Römische Mitteilungen, Band 111, 2004, S. 495–512.
  16. Plan von Rodolfo Lanciani

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