Lausitzer Kultur

Lausitzer Kultur
Zeitalter: mittlere und späte BronzezeitEisenzeit
Absolut: 1300–500 v. Chr.

Relativ: Montelius III–VI

Ausdehnung
Norden: Mitteldeutschland und Polen
Süden: Slowakisches Erzgebirge und Mittelslowakei
Westen: Mitteldeutschland
Osten: Polen
Leitformen

Die Lausitzer Kultur wird derzeit von ca. 1300 v. Chr. (Bronzezeit) bis ca. 500 v. Chr. (Eisenzeit) datiert. Der eisenzeitliche Abschnitt wird auch getrennt als Billendorfer Kultur behandelt. Wichtigste nachfolgende Kultur ist die ostgermanische Przeworsk-Kultur (3. Jahrhundert vor bis 5. Jahrhundert nach Christus).

Die Lausitzer Kultur ist nicht zu verwechseln mit der Luboszyce-Kultur (Lebus-Lausitz-Gruppe).

Forschungsgeschichte

Die Bezeichnung „Lausitzischer Typ“, nach der Lausitz, aus der die ersten Funde stammten, geht auf den deutschen Arzt Rudolf Virchow zurück, der die Funde den Slawen zuwies.

Verbreitung

Die Lausitzer Kultur war von der Saale, Spree bis zur Donau, Weichsel und dem Slowakischen Erzgebirge (Mittelslowakei) verbreitet. Benachbart waren im Westen weitere Gruppen der Urnenfelderkultur und im Nordwesten die der Nordischen Bronzezeit.

Rekonstruktion der Siedlung von Biskupin (Polen)
Funde der Lausitzer Kultur im Museum Bielsko-Biała (Polen)
Funde der Lausitzer Kultur im Museum Sanok (Polen)

Wichtige Fundorte

Bestattungssitten

Eines der wesentlichen Merkmale der Lausitzer Kultur sind die großen Gräberfelder, welche oft über viele Generationen, das heißt über mehrere 100 Jahre hinweg, belegt waren. Darunter finden sich viele mit weit über 1000 Gräbern, wie zum Beispiel das Gräberfeld von Kietrz mit bisher über 4000 entdeckten Bestattungen oder das Gräberfeld von Łęgowo. Neben Unmengen von Keramik finden sich auch tönerne Rasseln. Typisch sind gezimmerte Grabeinfassungen mit umfangreicher Keramik im Inneren und Steinumbauten außen, wie in Groß Jauer in Brandenburg.

Siedlungswesen

Wie auch für die meisten anderen bronzezeitlichen Kulturen Mitteleuropas waren Siedlungen aus Pfostenhäusern typisch für die Lausitzer Kultur. Es zeigt sich aufgrund von Lesefunden und Grabungsergebnissen ein Bild von weilerartig angelegten Siedlungen, welche sich bevorzugt an Südhängen in der Nähe von Fließgewässern befinden.

Wenige erkennbare Hausgrundrisse zeigen Ausmaße von bis zu 8 × 28 Meter. Dabei trennen Zwischenwände verschiedene Bereiche innerhalb der Häuser voneinander ab. Die Wände dieser Gebäude bestanden aus lehmverputztem Flechtwerk, wie Funde von Hüttenlehm mit Holz- und Geflechtnegativen belegen.[1]

Befestigte Burgen finden sich sowohl auf Bergrücken als auch in sumpfigen Niederungen.

Die Buckelkeramik des Nordens und die Spiralverzierung des Südens verschmolzen zu den bronzezeitlichen Buckelgefäße des Lausitzer Typus, wo der Buckel häufig durch konzentrische Kreise betont wird und deutlich an Brüste erinnert. Ähnlich verzierte Gefäße fanden sich auch auf dem Balkan und in Anatolien (Troja VII).

Ethnische Deutung

Über die von den Trägern der Lausitzer Kultur gesprochene Sprache ist mangels schriftlicher Zeugnisse nichts bekannt. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde von deutschen Forschern wie Gustaf Kossinna eine karpo-dakische, später, in Anlehnung an Alfred Götze, eine nordillyrische „Volkszugehörigkeit“ behauptet, während der Tscheche Pič und vor allem der polnische Forscher Jozef Kostrzewski in ihnen Urslawen sahen. Für eine (vor)germanische sprachliche Identität bzw. Ethnizität der Träger der Lausitzer Kultur spricht, dass das Verbreitungsgebiet dieser Kultur um die Zeitenwende von den (ost)germanischen Stämmen der Przeworsk-Kultur besiedelt war[2] und es keine Hinweise auf größere Wanderungsbewegungen in diesem Raum in der zweiten Hälfte des 1. Jahrtausends vor Christus gibt.

Literatur

  • Jan Fornfeist: Die Entdeckung der Vogelschale aus dem Gräberfeld der Lausitzer Kultur von Cottbus-Ströbitz. In: Ausgrabungen im Niederlausitzer Braunkohlenrevier 2013/2014. Arbeitsberichte zur Bodendenkmalpflege in Brandenburg 30. Cottbus 2016, ISBN 978-3-910011-79-3, ISSN 1436-249X, S. 65–70.
  • Jan Fornfeist: Der spätbronzezeitliche Teilbereich eines bronze- und eisenzeitlichen Gräberfeldes der Lausitzer Kultur von Cottbus-Ströbitz und die Entdeckung einer Vogelschale. In: Einsichten – Archäologische Beiträge für den Süden des Landes Brandenburg 2010/2011. Arbeitsberichte zur Bodendenkmalpflege in Brandenburg 24. Köthen 2014, ISBN 978-3-910011-71-7, ISSN 1436-249X, S. 23–32.
  • Jan Fornfeist: Neue Vogelschale der Lausitzer Kultur. Das jüngstbronzezeitliche Gräberfeld von Cottbus-Ströbitz. In: Archäologie in Berlin und Brandenburg 2011, Köthen 2012, ISBN 978-3-8062-2778-9, ISSN 0948-311X, S. 55–57.
  • Rosemarie Müller: Lausitzer Kultur. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 18, Walter de Gruyter, Berlin/New York 2001, ISBN 3-11-016950-9, S. 144–157.
  • Friederike Koch-Heinrichs: Oberlausitz: Die Lausitzer Kultur und ihre Burgen, in Veröffentlichungen Museum Westlausitz, Kamenz 2017, S. 3–60 (Online)

Monographien:

  • Siegfried Gollub: Endbronzezeitliche Gräber in Mittel- und Oberschlesien. Ein Beitrag zur Gliederung der Lausitzer Kultur. Habelt, Bonn 1960.
  • Dietgard Kühnholz: Die Anfänge der Lausitzer Kultur in Mähren und der Slowakei (= Universitätsforschungen zur prähistorischen Archäologie. Band 227). Habelt, Bonn 2013, ISBN 978-3-7749-3530-3.
  • Johannes Schneider: Studien zur Lausitzer Kultur. In: Forschungen zur Vor- und Frühgeschichte Band 3. Barth, Leipzig 1958, ISSN 0532-2243.
  • Michaela Reichel: Die archäologischen Funde der Lausitzer Kultur im Germanischen Nationalmuseum. (= Wissenschaftliche Beibände zum Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums. 16). Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg 2000, ISBN 3-926982-63-2.

Weblinks

Commons: Lausitzer Kultur – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Stefanie Beckert: Die Lausitzer Kultur (Memento vom 18. Februar 2010 im Internet Archive).
  2. Wolfram Euler, Konrad Badenheuer: Sprache und Herkunft der Germanen. Abriss des Protogermanischen vor der ersten Lautverschiebung. Verlag Inspiration Un Limited, Hamburg u. a. 2009, ISBN 978-3-9812110-1-6, S. 18–22, 28–30.

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