Älteste menschliche DNA entziffert

Presseldung vom 05.12.2013

Forscher entziffern das mitochondriale Erbgut eines 400.000 Jahre alten Homininen aus Spanien


Mithilfe neuester Extraktions- und Analysetechniken ist es Forschern vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig gelungen, eine nahezu vollständige mitochondriale Genomsequenz eines 400.000 Jahre alten Homininen aus Sima de los Huesos, Spanien, zu bestimmen. Anhand dieser Sequenz konnten die Forscher eine Verwandtschaft dieses Vertreters der Gattung Homo mit den Denisova-Menschen aufdecken, einem ausgestorbenen Verwandten des Neandertalers aus Asien. So alte DNA konnte bis vor kurzem nur von Fossilien aus Permafrostgebieten gewonnen werden.


Die Homininen aus Sima de los Huesos lebten vor ungefähr 400.000 Jahren während des Mittleren Pleistozäns.

Publikation:


Matthias Meyer, Qiaomei Fu, Ayinuer Aximu-Petri, Isabelle Glocke, Birgit Nickel, Juan-Luis Arsuaga, Ignacio Martínez, Ana Gracia, José María Bermúdez de Castro, Eudald Carbonell and Svante Pääbo
A mitochondrial genome sequence of a hominin from Sima de los Huesos
Nature

DOI: 10.1038/nature12788



Die „Knochengrube“ Sima de los Huesos, eine einzigartige Höhle in Nordspanien, birgt das weltweit größte Inventar an homininen Fossilien aus dem Mittleren Pleistozän. Die mindestens 28 Skelette werden seit mehr als 20 Jahren von einem spanischen Forscherteam unter der Leitung von Juan-Luis Arsuaga ausgegraben und zusammengesetzt. Klassifiziert wurden die Fossilien als Homo heidelbergensis, sie weisen aber auch für den Neandertaler typische Merkmale auf. Bisher war es nicht möglich, das Erbgut dieser einzigartigen Homininen zu untersuchen.

Matthias Meyer und sein Team vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig entwickelten kürzlich neue Techniken für die Gewinnung und Sequenzierung stark degradierter alter DNA, die sie zunächst erfolgreich auf die Überreste eines Höhlenbären aus Sima de los Huesos anwendeten. Anschließend entnahmen die Forscher dem Oberschenkelknochen eines Homininen aus derselben Höhle zwei Gramm Knochenpulver. Daraus extrahierten sie die DNA und entzifferten das Genom des Mitochondriums, welches einen kleinen Teil des Gesamtgenoms repräsentiert, in vielen Kopien pro Zelle vorkommt und mütterlicherseits an die Nachfahren weitergegeben wird. Die Forscher verglichen diese alte mitochondriale DNA (mtDNA) mit der von Neandertalern, Denisova-Menschen, heute lebenden Menschen und Menschenaffen.



Vom Höhlenlehm ins Reinstlabor - Auf dem Weg zu der Fundstelle in der Sima de los Huesos-Höhle müssen sich die Forscher durch enge Spalten winden und in die Tiefe abseilen.


Anhand der in den alten DNA-Sequenzen fehlenden Mutationen berechneten die Forscher das Alter des Homininen aus Sima auf etwa 400.000 Jahre. Darüber hinaus stellten sie fest, dass dieser Hominine und die Denisova-Menschen vor etwa 700.000 Jahren einen gemeinsamen Vorfahren hatten. „Dass die mtDNA des Homininen aus Sima einen gemeinsamen Vorfahren mit der mtDNA des Denisova-Menschen und nicht mit der des Neandertalers teilt, überrascht uns, denn die Fossilien von Sima de los Huesos weisen Merkmale auf, die vom Neandertaler zu stammen scheinen”, sagt Matthias Meyer. Angesichts ihres Alters und der Ähnlichkeit zum Neandertaler könnten die Homininen aus Sima mit der Population verwandt sein, aus der später sowohl die Neandertaler als auch die Denisova-Menschen hervorgegangen sind. Alternativ dazu könnte eine andere Gruppe von Homininen Denisova-ähnliche mtDNA an die Sima-Homininen oder deren Vorfahren weitergegeben haben.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass wir nun sogar das Erbgut von menschlichen Verwandten untersuchen können, die vor mehreren hunderttausend Jahre lebten“, sagt Svante Pääbo, Direktor am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie. „Das eröffnet uns ganz neue und aufregende Möglichkeiten: Wir können jetzt womöglich die DNA der Vorfahren von Neandertalern und Denisova-Menschen analysieren.“

„Dieses unerwartete Ergebnis deutet auf ein kompliziertes Evolutionsmuster hinsichtlich der Entstehung von Neandertalern und modernen Menschen“, sagt Juan-Luis Arsuaga, Direktor des Forschungszentrums zur Evolution und zum Verhalten des Menschen. „Weitere Studien werden hoffentlich zur Klärung der genetischen Verwandtschaftsverhältnisse zwischen den Homininen aus Sima de los Huesos, den Denisova-Menschen und den Neandertalern beitragen.“ Um dieses Ziel zu erreichen, werden die Forscher nun versuchen, DNA von weiteren homininen Fossilien aus Sima zu gewinnen, darunter auch DNA-Sequenzen aus dem Zellkern.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Informationsdienstes der Wissenschaft (idw) erstellt


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