Qullissat

Qullissat (die zukünftig obersten)
K'utdligssat
Qullissat bei der Ankunft von See (2008)
Qullissat bei der Ankunft von See (2008)
Kommune Kommune Qeqertalik
Distrikt Qeqertarsuaq
Geographische Lage 70° 5′ 3″ N, 53° 0′ 2″ WKoordinaten: 70° 5′ 3″ N, 53° 0′ 2″ W
Qullissat (Grönland)
Einwohner 0
(seit 1972)
Gründung 1924
Zeitzone UTC-3

Qullissat [ˈquˌɬːisːatˢʰ] (nach alter Rechtschreibung K'utdligssat) ist eine verlassene grönländische Stadt im Distrikt Qeqertarsuaq in der Kommune Qeqertalik.

Lage

Qullissa liegt in einem Flussdelta an der Nordostküste der Diskoinsel (Qeqertarsuaq) am Vaigat (Sullorsuaq), der die Insel von der gegenüberliegenden Südküste der Halbinsel Nuussuaq trennt. Der nächstgelegene Ort ist Saqqaq, das 41 km östlich auf der anderen Sundseite liegt, während der nächste bewohnte Ort auf der Diskoinsel, Kangerluk, in 76 km Entfernung südwestlich liegt.[1]

Geschichte

Die Stadt Qullissat

Eine alte Bergwerksanlage in Qullissat (2008)

Qullissat diente vor seiner Gründung den Grönländern als Sommerplatz.[2] Gegründet wurde der Ort offiziell 1924 einzig als Heimat für die Minenarbeiter für die hier gefundenen Kohle. 1939 wurde eine zweite Mine eröffnet.[3] Der Minenbetrieb war dem dänischen Staat vorbehalten, was Qullissat zur einzigen staatlichen betriebenen Kohlemine Grönlands machte.[4] 1950 wurde erstmals die Schließung der Mine und damit Qullissats von der Grønlandskommission gefordert.[3] 570.000 Tonnen Kohle wurden während des 48 Jahre währenden Minenbetriebs insgesamt gefördert. Qullissat gehörte seinerzeit mit in Bestzeiten 1500 Einwohnern zu den größten Städten des Landes und war die erste Industriestadt Grönlands. Ab 1950 war Qullissat Hauptort der Gemeinde Vaigat, die mit der Aufgabe der Stadt in die Gemeinde Qeqertarsuaq eingegliedert wurde.

Die Schließung von Qullissat

Die heute in Ilulissat stehende Kirche von Qullissat (2008)

Im Frühjahr 1966 begann man im Grønlandsrådet zu untersuchen, inwiefern der Kohleabbau in Qullissat noch rentabel war. Auch wenn man im Herbst eine neue Kohleschicht entdeckte,[5] beschloss man den Ort innerhalb der nächsten sechs Jahre aufzugeben.[6] Als problematisch wurde angesehen, dass im Allgemeinen der Kohlebedarf durch das Aufkommen von Ölöfen in Grönland immer weiter sank. Die lange Übergangsphase wurde gewählt, um ausreichend Wohnungen für die zu dem Zeitpunkt etwa 1400 Bewohner von Qullissat in anderen Städten Grönlands zu errichten. 1967 begann der Abbau der neuen Kohleschicht in der Mine C, also der dritten in der Stadt.[7] Die Aufgabe der Stadt wurde nach Erwägungen anderer Lösungen im Vorjahr, wie der Verringerung der Bevölkerungszahl oder der wirtschaftlichen Umstrukturierung weg vom Kohlebergbau hin zur Fischerei, vom Grønlandsrådet im Juli 1968 bestätigt.[8] Dennoch bat bereits im September der im Grønlandsrådet sitzende dänische Politiker Hans Jørgen Lembourn in einem Brief an Grönlandminister Arnold Christian Normann um eine Verschiebung oder Aufgabe der Pläne um Qullissat, ebenso wie Knud Hertling Kritik übte,[9] während zeitgleich Grønlands Landsråd dem Grönlandministerium den Entschluss zur Schließung der Mine vorlegte, den dieses im Oktober 1968 schließlich endgültig billigte, wobei den Bewohnern offengehalten wurde auch ohne wirtschaftliche Grundlage in Qullissat wohnen zu bleiben.[10] 1969 hatten bereits mehr als die Hälfte der Familien in Qullissat um einen Umzug gebeten.[11] Ende des Jahres 1970 trafen sich zahlreiche Kommunalpolitiker des Landes, um Lösungen für die mit der Entvölkerung Qullissat entstehenden Probleme zu finden.[12] 1971 wurde beschlossen die Bewohner Qullissats zu entschädigen.[13] Im Dezember 1971 lebten noch etwa 500 der ursprünglich 1400 Bewohner in Qullissat.[14] Im August 1972 wurde die Kohlemine geschlossen[15] und im September verließen die letzten Bewohner den Ort, der seither unbewohnt ist.[16] Die Kirche von Qullissat wurde bei der Schließung der Stadt nach Ilulissat transportiert. Qullissat ist der einzige Ort mit Stadtstatus in Grönland, der vollständig entvölkert wurde, und damit auch der mit Abstand ehemals größte verlassene grönländische Ort.

Nach der Schließung

Durch den Tsunami von 2000 zerstörtes Gebäude in Qullissat (2008)

1977 und 2012 wurden anlässlich des 5. und 40. Jahrestags der Schließung Qullissats ein Sommerlager in der verlassenen Stadt durchgeführt. Am 21. Dezember 2000 kam es zu einem Tsunami, der ausgelöst durch einen Bergrutsch auf der gegenüberliegenden Seite der Meerenge einen Großteil der Gebäude in Qullissat zerstörte.[3] Im Knud-Rasmussen-Museum in Ilulissat wird die Geschichte von Qullissat ausführlich behandelt.[17]

Sport

Der 1950 gegründete Fußballverein Nanoĸ Qullissat nahm bis zu seiner Auflösung mehrfach erfolgreich an der Grönländischen Fußballmeisterschaft teil und konnte 1959/60 grönländischer Fußballmeister werden.

Söhne und Töchter

  • Pele Møller (* 1939), Musiker
  • Peter Ostermann (1939–2011), Politiker (Atassut) und Polizist
  • Hans Anthon Lynge (* 1945), Schriftsteller, Übersetzer, Lehrer und Drehbuchautor
  • Aka Høegh (* 1947), Künstlerin (Bildhauerin und Malerin)
  • Makka Kleist (* 1951), Schauspielerin
  • Kuupik Kleist (* 1958), Politiker (Inuit Ataqatigiit) und Premierminister
  • Vera Leth (* 1958), Juristin und Ombudsfrau des Inatsisartut
  • Ulf Fleischer (* 1959), Musiker und Komponist
  • Maliinannguaq Marcussen Mølgaard (* 1960), Politikerin (Inuit Ataqatigiit), Journalistin, Lehrerin, Künstlerin und Schauspielerin
  • Anders Olsen (* 1971), Politiker (Siumut) und Polizist

Literatur

  • Astrid Andersen, Lars Jensen, Kirsten Hvenegård-Lassen: Qullissat: Historicising and Localising the Danish Scramble for the Arctic. In: Postcolonial Perspectives on the European High North. Unscrambling the Arctic. Hrsg.: Graham Huggan, Lars Jensen. Palgrave Macmillan, London 2016, ISBN 978-1-137-58816-6, S. 93–116.
  • Søren Peder Sørensen: Qullissat. Byen der ikke vil dø. Frydenlund, 2013, ISBN 978-87-7118-283-5.

Weblinks

Commons: Qullissat – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Website von Søren Peder Sørensen zu Qullissat

Einzelnachweise

  1. Karte mit allen offiziellen Ortsnamen bestätigt vom Oqaasileriffik, bereitgestellt von Asiaq
  2. Qullissat in Den Store Danske
  3. 3,0 3,1 3,2 Zeitlinie zu Qullissat bei qullissat.dk (.pdf)
  4. Om bogen bei qullissat.dk
  5. Tykt kullag af fint kvalitet fundet i K'utdligssat in der Atuagagdliutit vom 27. Oktober 1966
  6. K'utdligssat nedlægges formodenligt om seks år in der Atuagagdliutit vom 10. November 1966
  7. Kulbrydningen mere økonomisk i mine C in der Atuagagdliutit vom 19. Januar 1967
  8. K'utdligssat rømmes helt in der Atuagagdliutit vom 18. Juli 1968
  9. Sidste ord om kulminen er endnu ikke sagt in der Atuagagdliutit vom 26. September 1968
  10. Kulminen skal nedlægges in der Atuagagdliutit vom 10. Oktober 1968
  11. K'utdligssat bliver nedlagt om tre år in der Atuagagdliutit vom 29. Mai 1969
  12. Kommunerne vil prøve på at løse tilflytterproblemerne in der Atuagagdliutit vom 1. Dezember 1970
  13. Beboere i K'utdligssat får erstatning in der Atuagagdliutit vom 22. Juli 1971
  14. K'utdligssat synger på sidste vers in der Atuagagdliutit vom 1. Dezember 1971
  15. Lukning af kulminen i K'utdligssat in der Atuagagdliutit vom 17. August 1972
  16. Glem ikke K'utdligssat in der Atuagagdliutit vom 28. September 1972
  17. Ilulissat bei gorenlandkreuzfahrt.de

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