Neue Burg (Hamburg)

Neue Burg

Neue Burg, Hammaburg und Heidenwall,
projiziert auf den heutigen Stadtplan

Staat Deutschland (DE)
Ort Hamburg
Entstehungszeit 1021 bis 1023
Burgentyp Niederungsburg, Ortslage
Geographische Lage 53° 33′ N, 9° 59′ OKoordinaten: 53° 32′ 51,2″ N, 9° 59′ 28,6″ O
Neue Burg (Hamburg)

Die Neue Burg war eine mittelalterliche Niederungsburg in der Hamburger Altstadt. Die mit der Neuen Burg in Verbindung gebrachte Alsterburg hat neuesten Erkenntnissen zur Folge nie wirklich existiert.[1]

Lage und Bauweise

Ausgrabungsstelle nach Abschluss der Grabung, September 2020

Die Burg befand sich zwischen Alster und Elbe in der damaligen Alsterschleife, dem heutigen Nikolaifleet nahe der Elbe. Sie war als Wallburg errichtet worden. Der Wall hatte einen Durchmesser von 36 Metern und eine Höhe von 5,5 bis 6 Metern. Er war aus Holzbohlen und Heideplaggen errichtet. Die umwallte Fläche betrug etwa 7.800 m² (0,78 ha). Der Außendurchmesser der Neuen Burg betrug entlang der ost-west-Achse etwa 171 m und in nord-südlicher Ausrichtung etwa 156 m.[2]

Der Burgwall diente neben seiner Wehrfunktion gleichzeitig dem Schutz vor Hochwasser der Alster und Elbe, weshalb er einem Deich sehr ähnlich ist.[3] Zusätzlich ist eine Palisade auf der Wallkrone anzunehmen. Diese Hypothese ergibt sich aus Vergleichen mit anderen sächsischen Burgen, konnte archäologisch jedoch nicht gesichert werden.[4]

Am nördlichen Teil des Walls wurde bereits während der Ausgrabungen 1968/69 das Nordtor entdeckt, welches die Neue Burg mit einem alten Handelsweg verband. An der Ostseite wurde 2020 ein weiteres Tor entdeckt. Es führte direkt zur Alster und somit zum Hafen. Dieses Hafentor könnte eine zentrale Verbindung dargestellt haben, da diese Achse selbst nach Aufgabe der Burg bestehen blieb.[5]

Was sich westlich der Burg befand, ist ungewiss. Es ist nicht bekannt, ob die Burg auf einer Insel oder auf einer Halbinsel errichtet wurde. Nimmt man letzteres an, wäre der einzige Landzugang zur Burg die Westseite gewesen. Geht man von einer Halbinsel aus, stellt sich auch die Frage nach einem möglichen Burggraben. Eine derartige Annahme ist bisher unbelegt, doch deuten Bewegungen des Erdreichs an, dass auf der Westseite jene Kleie abgebaut wurde, welche man für den Bau des Walls verwendete. So hätte ein Graben simultan zum Wall entstehen können.[4]

Während die Wallkonstruktion bei archäologischen Grabungen 1953 untersucht werden konnte, war das Innere des Walls wegen neuerer Überbauung nicht zugänglich. Bei den Grabungen wurden nur wenige Gegenstände des täglichen Gebrauchs gefunden. Bei Ausgrabungen 2014/2015 (Hopfenmarkt) und 2019/2020 (Neue Burg) kam man zu neuen Erkenntnissen.

Geschichte

Bis 2014 ging man davon aus, dass die Burg entsprechend schriftlicher Überlieferung 1061 von dem Billungerherzog Ordulf errichtet wurde und somit das gräfliche Gegenstück zum Bischofsturm darstellte. Ferner ging man davon aus, dass die Billunger mit der Alsterburg eine weitere Burg in Hamburg besaßen. Burgherren waren die vom Herzog eingesetzten Grafen von Hamburg, Heinrich und sein Sohn Gottfried. 1066 und 1071 wurde Hamburg von slawischen Truppen angegriffen. 1111 wurde die Burg Eigentum der Schauenburger.

Basierend auf Ausgrabungen durch Kay-Peter Suchowa 2014/2015 am Hopfenmarkt und 2019/2020 im Bereich der Neuen Burg, konnten wertvolle dendrochronologische Daten erhoben werden. Durch die Auswertung der Daten konnte der Entstehungszeitraum der Neuen Burg weiter eingegrenzt und vordatiert werden. Es wird neuerlich davon ausgegangen, dass die Burg von 1021 bis Winter 1023 erbaut worden sein muss. Nur vereinzelte Dendrodaten deuten (ohne Signifikanz) eine Bauzeit bis 1024 an. Die neue Datierung hat zur Konsequenz, dass Ordulf die Burg nicht erbaut haben kann, sondern dass der Bau seinem Vater Bernhard II. zugeschrieben werden muss.

Über das Ende der Burg ist nichts bekannt. Bereits früher hatten sich Kaufleute dort niedergelassen. 1188 gründete Adolf III. auf diesem Platz die damalige Neustadt. Zu diesem Zeitpunkt war die Burg nicht mehr in Funktion. 1195 wurde am Ort der Burg die erste Nikolaikirche errichtet. Der Name "Neue Burg" blieb nur als Flurbezeichnung der dort liegenden Grundstücke erhalten. Heute trägt eine Straße den Namen Neue Burg.

Der Umzug von der Hammaburg in die Neue Burg

Lange wurde eine Gleichzeitigkeit einiger Burganlagen Hamburgs angenommen, die eigentlich nacheinander bestanden. Dies betraf auch das Burgen-Paar Hammaburg und Neue Burg. Neueste Erkenntnisse belegen, dass die Hammaburg zeitnah zur Errichtung der Neuen Burg eingeebnet wurde.[6]

Durch die Zusammenführung der Erkenntnisse aus den Ausgrabungen am Domplatz 2005/2006 zur Erschließung der Hammaburg und 2019/20 im Bereich der Neuen Burg, konnte bestätigt werden, dass die Aufgabe der Hammaburg und der Bezug der Neuen Burg ungefähr zeitgleich stattfanden. Die lange tradierte Mythos der Alsterburg muss daher als widerlegt gelten. Wenn der Übergang von der Hammaburg zur Neuen Burg fließend verlief und die Datierungen der Ausgrabungen korrekt sind, bleibt keine zeitliche Periode übrig, in der die Alsterburg hätte existieren können.[7]

Erschwerende Bedingungen bei den Ausgrabungen

Es gab bisher in Hamburg, im Unterschied zu den meisten anderen Regionen Deutschlands, kaum eine Tradition für die Burgenforschung. Dies muss nicht auf kulturelles Desinteresse zurückgeführt werden. Hamburg mag es schwerer gehabt haben, eine solche Tradition zu entwickeln, da das Mittelalter spätestens mit dem Stadtbrand 1842 vollständig aus dem Stadtbild getilgt wurde. Nach dem großen Brand setzte eine Überbauung aller potentiell geschichtsträchtigen Areale Hamburgs ein. Im Zentrum der Neuen Burg wurde ab 1846 die neogotische Nikolaikirche errichtet, deren Vorgängerin ebenfalls dem Stadtbrand zum Opfer gefallen war. Besonders unglücklich war der Bau zweier Hochhäuser im Bereich der Neuen Burg um das Jahr 1970. Hierbei wurde nicht nur ein erforschenswertes Areal der Archäologie auf Zeit entzogen. Darüber hinaus forderte der Tiefbau für das Gebäude ein umfangreiches Auskoffern des Erdreiches, wodurch viele Spuren und Hinweise vernichtet wurden.[8]

Allgemein gab es in den letzten beiden Jahrhunderten nur selten Gelegenheiten und Genehmigungen, in Hamburg relevante archäologische Grabungen durchzuführen. Dieser Umstand hat sich in den vergangenen Jahren umgekehrt.

Literatur

  • Rainer-Maria Weiss (Hrsg.): Burgen in Hamburg: Eine Spurensuche. Wachholz, Kiel 2021, ISBN 978-3-529-05070-1 (Begleitband zur gleichnamigen Sonderausstellung des Archäologischen Museums Hamburg).
  • Rainer-Maria Weiss, Anne Klammt (Hrsg.): Mythos Hammaburg - Archäologische Entdeckungen zu den Anfängen Hamburgs (= Veröffentlichungen des Helms-Museums, Archäologisches Museum Hamburg, Stadtmuseum Harburg Nr. 107). Archäologisches Museum Hamburg, Hamburg 2014, ISBN 978-3-931429-27-0.
  • Ralf Busch: Die Kunst des Mittelalters in Hamburg - Die Burgen (= Veröffentlichungen des Helms-Museums, Hamburger Museum für Archäologie und die Geschichte Harburgs Nr. 85). Dölling & Galitz, Hamburg 1999, S. 23–26.

Weblinks

Commons: Neue Burg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Rainer-Maria Weiss, Wachholtz Verlag: Burgen in Hamburg eine Spurensuche. Kiel 2021, ISBN 978-3-529-05070-1, S. 72.
  2. Rainer-Maria Weiss, Wachholtz Verlag: Burgen in Hamburg eine Spurensuche. Kiel 2021, ISBN 978-3-529-05070-1, S. 125 und 146.
  3. Rainer-Maria Weiss, Wachholtz Verlag: Burgen in Hamburg eine Spurensuche. Kiel 2021, ISBN 978-3-529-05070-1, S. 122.
  4. 4,0 4,1 Rainer-Maria Weiss, Wachholtz Verlag: Burgen in Hamburg eine Spurensuche. Kiel 2021, ISBN 978-3-529-05070-1, S. 228.
  5. Rainer-Maria Weiss, Wachholtz Verlag: Burgen in Hamburg eine Spurensuche. Kiel 2021, ISBN 978-3-529-05070-1, S. 137.
  6. Rainer-Maria Weiss, Wachholtz Verlag: Burgen in Hamburg eine Spurensuche. Kiel 2021, ISBN 978-3-529-05070-1, S. 27.
  7. Rainer-Maria Weiss, Wachholtz Verlag: Burgen in Hamburg eine Spurensuche. Kiel 2021, ISBN 978-3-529-05070-1, S. 72.
  8. Rainer-Maria Weiss (Hrsg.): Burgen in Hamburg: Eine Spurensuche. Wachholz, Kiel 2021, ISBN 978-3-529-05070-1, S. 21–24.}

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