Liergau

Liergau
Ostfalen um das Jahr 1000
Liergau
Ostfalen um das Jahr 1000
Die ungefähre Lage des Liergaus

Der Liergau (auch Liergewe oder Leraga, Gau Lera, Leragau) war eine sächsische Gaugrafschaft und ein Teil der sächsischen Provinz Ostfalen.

Der Liergau (Leraga) auf einer Karte der Gaueinteilung des Hochstifts Hildesheim um das Jahr 1000.[1]

Geographische Lage

Der Liergau lag westlich der heutigen Stadt Braunschweig und gehörte zum Bistum Hildesheim. Er grenzte im Osten dem Verlauf der Oker nach an den Derlingau, der bereits zum Bistum Halberstadt gehörte, im Norden an Flutwidde und im Süden an Saltgau. Die westliche Begrenzung nach Astfala war die Fuhse. In Teilen der älteren Literatur wird er oft mit dem Lerigau verwechselt.

Geschichte

Der Liergau ging als Gaugrafschaft oder Markgrafschaft aus der sächsischen Gaugrafschaft Astfala hervor und war somit ein Teil der sächsischen Provinz Ostfalen.

Namentliche Nennung findet der Liergau bei der Errichtung des Bistums Hildesheim und im Rahmen einer Schenkung des sächsischen Fürsten Odiltag und seiner Gattin Wifelsvint an das Kloster Fulda im Jahre 780. Dort werden zwanzig Güter in vierzehn Orten erwähnt.

Odiltag et uxor ejus Wentelsuvint tradiderunt Deo & Sancto Bonifatio Bona sua in Pago Liergewe XX. villulis hoc est in Bettingen, in Sunnenbore, in Gelideshusen, in Suibbore, in Tihidhusen, in Tideshusen, in Riungi, in Getildishusen, in Stocheim, in Flotide, in Tihide, in Gledingen, in Sudergletinge, in Lammari & in Marca illarum istarum (und in deren Feldmarken).“

Die heutigen Ortsnamen in der Reihenfolge ihrer Nennung
Ortsname Heutiger Ortsname (Lage) Bemerkung
1 Bettingen Beddingen() heute ein Stadtteil der Stadt Salzgitter
2 Sunnenbore Sonnenberg () heute ein Ortsteil der Gemeinde Vechelde im Landkreis Peine
3 Gelideshusen Gielde () heute ein Ortsteil der Gemeinde Schladen-Werla im Landkreis Wolfenbüttel, möglich ist auch Gilde
4 Suibbore Schwülper () heute eine Gemeinde im Landkreis Gifhorn
5 Tihidhusen ---- wüst gefallener Ort südwestlich von Neubrück in der Gemeinde Wendeburg im Landkreis Peine
6 Tideshusen Didderse () heute eine Gemeinde im Landkreis Gifhorn
7 Riungi Rüningen () heute ein Stadtteil der Stadt Braunschweig
8 Getildishusen Geitelde () heute ein Stadtteil der Stadt Braunschweig
9 Stocheim Stöckheim () heute ein Stadtteil der Stadt Braunschweig
10 Flotide Flöthe () heute eine Gemeinde im Landkreis Wolfenbüttel
11 Tihide Thiede () heute ein Stadtteil der Stadt Salzgitter
12 Gledingen Klein Gleidingen () heute ein Ortsteil der Gemeinde Vechelde im Landkreis Peine
13 Sudergletinge Groß Gleidingen () heute ein Ortsteil der Gemeinde Vechelde im Landkreis Peine
14 Lammari Lamme () heute ein Stadtteil der Stadt Braunschweig (Deutung umstritten)

Weitere Entwicklung

In einer in Worms ausgestellten Urkunde des römisch-deutschen Kaisers Heinrich III. (1016–1056) vom 3. November 1053 wurden die Orte Dörnten, Döhren, Weddingen und Wehre als zugehörig erwähnt. Heinrich III. schenkte sie dem Hochstift Hildesheim, da sie dem Heiligen Römischen Reich zugefallen waren. Grund dafür wiederum war ein Urteil gegen einen Neffen des Sachsenherzogs Bernhard II. (nach 990–1059).[2]

Weiterhin werden Beuchte, Burgdorf, Gielde, Groß Mahner, Immenrode, Klein Mahner, Lengde, Lüderode, Schladen und Werla dazugerechnet.[3] Sitz des zuständigen Archidiakonats des Bistums Hildesheim wurde Neuenkirchen.[4] Das Gebiet war zeitweise als Lehen von Kaiser Lothar III. (1075–1137) in der Hand der Grafen von Wohldenberg.[5]

Die Malstätte lag unweit nördlich der Harliburg, fiel aber wüst, sodass sie nach Bocla verlegt wurde.[6] Als Goding wurde Bocla erstmals 1254 urkundlich erwähnt.[7] Der Standort ergab sich als Schnittpunkt der alten Route zwischen Goslar und Braunschweig mit der Route von Hildesheim über Hornburg nach Halberstadt.[8] Die unweit der Harliburg gelegene und von Herzog Heinrich I. von Braunschweig-Lüneburg (1267–1322) angemaßte Stätte wurde als Folge des Herlingsberger Krieges von Bischof Siegfried II.von Hildesheim (vor 1279–1310) eingezogen.

Der Name änderte sich von Bocla zu Buchladen und ist heute eine Ortslage westlich von Schladen.[9] Der zugehörige Forstort wird Heiligengraben genannt und war im 19. Jahrhundert Standort eines Preußischen optischen Telegrafen. Der Name Bocla hat sich leicht abgewandelt erhalten in dem Landschaftsschutzgebiet Boklah ().

Literatur

  • Franz Anton Blum: Geschichte des Fürstenthums Hildesheim. Band 1. Heinrich Georg Albrecht, Wolfenbüttel 1805 (Digitalisat).
  • Caspar Ehlers: Die Integration Sachsens in das fränkische Reich. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 2007, ISBN 3-525-35887-3.
  • Karl von Spruner, Theodor Menke: Hand-Atlas für die Geschichte des Mittelalters und die neueren Zeit. Verlag Justus Perthes, Gotha 1880, Liergau als „Lera“ auf Kartenblatt 33.
  • August von Wersebe: Beschreibung der Gaue zwischen Elbe, Saale und Unstrut, Weser und Werra. Hahnsche Hofbuchhandlung, Hannover 1829 (Digitalisat).
  • Carl Wolff: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover, Band 2, Ausgabe 7, Hrsg. im Auftrag der Provinzial-Kommission zur Erforschung und Erhaltung der Denkmäler in der Provinz Hannover, Selbstverlag der Provinzialverwaltung, Theodor Schulze’s Buchhandlung, Hannover 1937.

Einzelnachweise

  1. Hermann Adolf Lüntzel: Die ältere Diöcese Hildesheim. Gerstenberg, Hildesheim 1837, S. 495 (Digitalisat).
  2. Hans Goetting: Das Bistum Hildesheim: Die Hildesheimer Bischöfe von 815 bis 1221 (1227). Walter de Gruyter, Berlin 1973, S. 269
  3. Carl Wolff, S. 4
  4. D. von Alten: Die Edelherren von Ricklingen. In: Zeitschrift des Historischen Vereins für Niedersachsen, Band 2, 1859, S. 22
  5. Hans Martin Tiebel: Hildesheim und die königlich hannoversche Regierung. Lax, Hildesheim 1956, S. 50
  6. Wilhelm Lüders: Das Gericht zu Bocla. In: Braunschweigisches Magazin, 1914, S. 45 ff.
  7. Carl Wolff, S. 234
  8. Geschichtsverein Salzgitter: Salzgitter-Jahrbuch, 1979, S. 80
  9. Kirstin Casemir, Jürgen Udolph: Niedersächsisches Ortsnamenbuch (NOB). Band 43, Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2003, S. 100

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