Institut für Ressourcen in Psychiatrie und Psychotherapie

Das Institut für Ressourcen in Psychiatrie und Psychotherapie (RPP-Institut) ist ein interdisziplinäres und interreligiöses Institut mit Sitz in Wien. Es möchte nach eigenen Angaben Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie in einen wissenschaftlichen Dialog mit Philosophie, Theologie und Religionswissenschaft bringen.

Organisation

Träger des Instituts ist der gleichnamige Verein.[1] Es ist 2009 aus der gleichnamigen, 2007 in Graz gestarteten Kongressreihe hervorgegangen und dessen Rechtsnachfolger. Die Gründer sind der Psychiater Raphael M. Bonelli, der 2020 verstorbene Psychoanalytiker Walter Pieringer und der auch 2020 verstorbene[2] Theologe Bernd Oberndorfer.[3] Der Sitz des Vereins ist Wien.

Tätigkeit

Das Institut widmet sich nach eigenen Angaben dem Phänomen Religiosität in Zusammenhang mit der menschlichen Psyche aus wissenschaftlicher Sicht. Psychiater, Psychologen, Psychotherapeuten, Philosophen und Religionswissenschaftler stehen bei diversen Veranstaltungen des Institutes im Dialog mit katholischen, evangelischen, orthodoxen und freikirchlichen Christen, Juden, Buddhisten, Muslimen, Bahai, Agnostikern und Anhängern ethnischer Religionen. „Der Fokus liegt dabei auf dem allgemeinen psychologischen Phänomen der Religiosität – unabhängig von konkreten Glaubenskonzepten – und dessen Einbindung in die Psychotherapie“, so das Institut auf seiner Website.[4]

Positionierung

Das RPP-Institut hat nach eigenen Angaben keine bestimmte religiöse oder weltanschauliche Ausrichtung. Es behauptet, vollinhaltlich den Berufskodex für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten des österreichischen Bundesministeriums für Gesundheit zu unterstützen, nach dem die persönliche Weltanschauung des Psychotherapeuten nicht aktiv und steuernd in den Behandlungsprozess einfließen darf. Dazu gehören sowohl religiöse wie auch anti-religiöse Überzeugungen des Therapeuten.

In den vom RPP-Institut organisierten psychotherapeutischen Fort- und Weiterbildungen gehe es nach Angaben des Institutes um die Ressource „Religiosität“, nicht um irgendwelche religiösen Inhalte (das wäre „Religion“). Keinesfalls würden religiöse Heilslehren, esoterische Inhalte oder spirituelle Rituale angeboten. Das Institut fasst auf seiner Homepage zusammen: „Religion soll weder paternalistisch als Krankheit („kollektive Zwangsneurose“) abgewertet noch zum Allheilmittel stilisiert werden: Religiosität kann für manche Patienten eine wertvolle Ressource sein – und für andere eben nicht.“[5]

Kongress und Fachtagungen: RPP

Unter dem Namen RPP startete das Institut 2007 mit einem interdisziplinären Kongress und führt seit Herbst 2008 mindestens halbjährlich Fachtagungen durch.

Kongress RPP 2007 Religiosität in Psychiatrie und Psychotherapie

Der erste Kongress „RPP 2007“ unter dem interdisziplinären Motto „Psychiatrie, Psychologie, Psychotherapie im Dialog mit Religionswissenschaft, Philosophie & Theologie“ fand vom 11. bis 13. Oktober 2007 in Graz statt und hatte über 1200 Teilnehmer aus 11 Ländern.[6][7] Die Österreichische Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie (ÖGPP) übernahm nach Bedenken wegen eines umstrittenen Referenten die Patronanz.

Der Kongress umfasste 100 Beiträge von 140 Vortragenden. Der evangelische Superintendent Hermann Miklas konstatierte eine traditionelle Zurückhaltung vieler Gläubigen gegenüber der Psychotherapie und umgekehrt eine kritische Haltung psychotherapeutischer Strömungen gegenüber den Religionen. Therapeuten müssten gesunde Formen der Religiosität von kranken und krankmachenden unterscheiden können.[8] Öffentlich beachtet wurde der Workshop „Kirche und Pädophilie“, bei dem der katholische Weihbischof Andreas Laun mit dem Psychiater Peter Hofman diskutierte.[9]

Für Kritik bei Fachwissenschaftlern sorgte eine Diskussion über die Praxis des Exorzismus und der Workshop „Gibt es Besessenheit jenseits der Psychose?“ In einer Vorankündigung wurde behauptet, wenn ein Patient nicht auf Therapie anspreche, könne dies „übernatürliche Ursachen“ haben, zum Beispiel „dämonische Angriffe“. Der Psychiater und damalige Vorstand der Universitätsklinik für Psychiatrie in Innsbruck, Hartmann Hinterhuber,[10] der diese Praxis kritisiert, wurde dem Theologen und Exorzisten Larry Hogan[11] gegenübergestellt.

Der Referent Markus Hoffmann, laut Spiegel ein Vertreter der sogenannten „Konversionstherapie“ bei Homosexualität, auch „Schwulenheilung“ genannt, zog seinen Beitrag zum Kongress zurück, nachdem Professoren empörte Briefe geschrieben und sowohl die Fachgesellschaft ÖGPP als auch der Landeshauptmann der Steiermark Franz Voves einen Rückzug von der Veranstaltung angekündigt hatten, sollte Hoffmann dort auftreten.[12]

Zusammenfassend stellte der Klinikleiter Hans-Peter Kapfhammer die Herausforderung für die psychiatrische Fachwissenschaft dar, in kirchlichen Zusammenhängen nicht selbst von Gottesbildern auszugehen, aber offen dafür zu sein, die Religiosität und damit die Gottesbilder in die Diskussion einzuholen. Bei einigen Themen wie dem Exorzismus müsse es jedoch aus der psychiatrischen Perspektive klare Grenzen geben.[13]

Kongress RPP 2015 International Congress on Science and/or Religion: a 21st Century Debate

In Kooperation mit der Sigmund Freud Privatuniversität Wien fand ein dreitägiger Kongress mit Wissenschaftlern aus sieben Ländern statt – darunter der österreichische Psychiater Raphael Bonelli, Fraser Watts von der Cambridge University in England und Sayyed Mohsen Fatemi von der Harvard University in den USA. Der Salzburger Erzbischof Franz Lackner wandte sich am Ende in einem Statement an die Teilnehmer. Der Kongress behandelte die Herausforderungen, die sich an der Schnittstelle zwischen Religion und Wissenschaft im 21. Jahrhundert ergeben: Neue, von Wissenschaft und Technologie generierte Einsichten in die Natur des Universums und des menschlichen Wesens beeinflussen traditionelle religiöse Glaubenswelten und Sichtweisen. Näher beleuchtet wurde auch die Frage nach dem Einfluss von Religion und Wissenschaft auf den „way of life“ im 21. Jahrhundert. Auch Wissenschaftler aus Iran nahmen teil.[14][15] Bei der Tagung trat Christof Gaspari auf, der in seiner Zeitschrift Vision 2000 vor der Homo-Ehe, dem Feminismus und der „Abtreibungslobby“ warnte. Er sprach vom „konservativ-katholischen Sündenbock "Genderideologie"“ und übte Kritik an der Berufstätigkeit von Frauen.[16]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Administrator: RPP Institut - Impressum. Abgerufen am 11. September 2018.
  2. Trauer um Bernd Oberndorfer. Abgerufen am 18. April 2021.
  3. „Das Institut“ auf der Website des RPP, online, abgerufen am 25. September 2020.
  4. „Das Institut auf der Seite des RPP, “online, abgerufen am 25. September 2020.
  5. Positionierung Institut für Religiosität in Psychiatrie und Psychotherapie, aufgerufen am 2. Mai 2014
  6. Interdisziplinärer Kongress RPP 2007
  7. Zusammenfassung im RPP-Folder 2008, Seite 11 (PDF; 1,8 MB)
  8. Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven: @1@2Vorlage:Toter Link/www.die-tagespost.com Die Tagespost 16. Oktober 2007: Die Psychiatrie stellt sich ihrem letzten Tabu
  9. Kurier 13. Oktober 2007: Kirche und Pädophilie: ein Fall für die Psychotherapie (PDF; 866 kB)
  10. Hartmann Hinterhuber
  11. Larry Hogan
  12. Christian Stöcker: Exorzisten und Schwulen-Heiler: Dämonen auf dem Psychiaterkongress. In: Der Spiegel. 17. September 2007, abgerufen am 26. September 2020.
  13. Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven: @1@2Vorlage:Toter Link/www.die-tagespost.com Interview mit Hans-Peter Kapfhammer
  14. ORF: Wien: Kongress zu Religion und Wissenschaft, aufgerufen am 14. September 2015
  15. Kathpress: Psychiater: Glaube hat positive Wirkung bei psychischen Störungen, aufgerufen am 14. September 2015
  16. Brigitte Theißl, Beate Hausbichler: Christliche Sexualpädagogik und ihre Netzwerke - derStandard.de. In: Der Standard. Abgerufen am 23. September 2020 (Lua-Fehler in Modul:Multilingual, Zeile 149: attempt to index field 'data' (a nil value)).

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