Heidengraben

Verlauf des Heidengrabens
Der Wall des Heidengrabens (der sogenannten Elsachstadt)

Der Heidengraben war ein im 1. Jahrhundert v. Chr. genutztes keltisches Oppidum, das auf der Schwäbischen Alb im Bereich der Gemarkungen Grabenstetten, Erkenbrechtsweiler und Hülben lag. Die Anlage gilt als größte keltische Siedlung Mitteleuropas.[1] Ursprünglich bezeichnete der Begriff nur die Überreste der Befestigung des Oppidums, die noch heute als Wall sichtbar sind und deren Herkunft erst Anfang des 20. Jahrhunderts geklärt werden konnte. Das Oppidum hatte einen äußeren und einen inneren Befestigungsring, innerhalb des letzteren lag die Siedlung, die als Elsachstadt bezeichnet wird (nach dem unterhalb des Oppidums in der Falkensteiner Höhle entspringenden Bach Elsach).

Lage und Geschichte

Der mit Bäumen bewachsene Wall ist ein Überrest des inneren Befestigungsrings am nördlichen Rand der Elsachstadt

Das Oppidum liegt auf der Grabenstettener Halbinsel,[2] einem Teil der Albhochfläche, der nur durch einen schmalen Streifen südlich von Grabenstetten mit dem Rest der Albhochfläche verbunden ist, so dass der Albtrauf eine natürliche Befestigung darstellt. Durch diese Lage war es möglich, durch den Bau von vier kurzen Befestigungen ein Gebiet von rund 16,6 km² einzufrieden. Diese Befestigungen trennten das heutige Gebiet der Gemeinde Hülben, das Gebiet Burgwald zwischen Beurener Fels und Brucker Fels, die Verbindung zur restlichen Albhochfläche, sowie das im Süden an die innere Befestigung angrenzende Gebiet Lauereck ab.

Die Siedlung Elsachstadt hatte eine Ausdehnung von 1,53 km² und lag westlich der heutigen Gemeinde Grabenstetten.

Grabhügel beim Burrenhof, Februar 2008 (im Hintergrund die Burg Teck)

Offenbar war die Grabenstettener Halbinsel bereits einige Jahrhunderte vor der Anlegung des Oppidums besiedelt. In der Nähe des heutigen Burrenhofs gibt es Gräber aus der Zeit um 1000 v. Chr. und einige noch heute sichtbare Grabhügel, die aus der Zeit um 500 v. Chr. stammen.

Laut den Ergebnissen einer Forschungsgruppe des Instituts für Geodäsie und Geoinformationstechnik der TU Berlin handelt es sich hier vermutlich um den Ort Riusiava aus dem antiken Atlas des Ptolemaios.[3][4]

Erforschung

Entgegen früheren Spekulationen, der Heidengraben stamme aus dem Dreißigjährigen Krieg, setzte sich im 19. Jahrhundert die Ansicht durch, dass es sich um antike, möglicherweise römische oder aus der Hallstattzeit stammende Relikte handle. Erst Friedrich Hertlein erkannte im Jahre 1905, dass es sich um ein keltisches Oppidum handelt.

In jüngerer Zeit wurden durch das Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg und der Eberhard Karls Universität Tübingen Grabungen an einer Toranlage bei Erkenbrechtsweiler, dem hallstattzeitlichen Grabhügelfeld am Burrenhof sowie bei der Flurbereinigung innerhalb der Elsachstadt durchgeführt.

Archäologische Funde aus dem Gebiet des Heidengrabens können in einem Museum in Grabenstetten und im Stadtmuseum Kornhaus in Kirchheim unter Teck besichtigt werden. Diverse Funde bspw. italische Amphoren, keltische Münzen sowie der Fund einer Waage unterstreichen die Bedeutung des Oppidums für den überregionalen Handel. Für die Fernhandelsrouten nahm die Lage des Heidengrabens unmittelbar an West-/Ost-Verkehrswegen (Lenninger Tal, Erms Tal, Seeburger Tal) vom Neckar über die Schwäbische Alb zur Donau eine zentrale Rolle ein. Hierdurch konnten mutmaßlich Verbindungen zu Gebieten weiter im Osten kontrolliert werden.[1]

Auch im Jahr 2019 fanden wieder wissenschaftliche Grabungen statt. Der Heidengraben spielt in der sog. Keltenkonzeption des Landes Baden-Württemberg eine Hauptrolle.[5]

Sichtbare Geländedenkmale

  • Wallanlage der Elsachstadt
  • Toranlage bei Erkenbrechtsweiler
  • Grabhügelfeld Burrenhof
Panorama der Wallanlage Elsachstadt

Literatur

  • Franz Fischer: Der Heidengraben bei Grabenstetten. Ein keltisches Oppidum auf der Schwäbischen Alb bei Urach. 1971, 3. Auflage. 1982, ISBN 3-8062-0317-2.
  • Thomas Knopf: Der Heidengraben bei Grabenstetten. Archäologische Untersuchungen zur Besiedlungsgeschichte. 2006, ISBN 3-7749-3420-7.
  • Der Heidengraben – Ein keltisches Oppidum auf der Schwäbischen Alb. Theiss Verlag, 2012, ISBN 978-3-8062-2761-1.
  • Dorothee Ade, Gerd Stegmaier, Andreas Willmy: Der Heidengraben. „Ein geheimnisvolles Befestigungswerk aus uralter Zeit“. In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg. 42. Jg. 2013, Heft 2, S. 82–87. (PDF; 7,0 MB)

Weblinks

Commons: Heidengraben – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Heidengraben – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Fußnoten

  1. 1,0 1,1 Das keltische Oppidum Heidengraben. Denkmalpflege Baden-Württemberg, abgerufen am 29. September 2020.
  2. Auf der Grabenstettener Halbinsel liegen die heutigen Gemeinden Grabenstetten und Hülben (Landkreis Reutlingen), sowie Erkenbrechtsweiler und der Lenninger Ortsteil Hochwang (Landkreis Esslingen).
  3. Andreas Kleineberg, Christian Marx, Eberhard Knobloch, Dieter Lelgemann: Germania und die Insel Thule. Die Entschlüsselung von Ptolemaios´ „Atlas der Oikumene“. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2010, ISBN 978-3-534-23757-9.
  4. Magna Germania auf googlemaps
  5. Michael Koch: Den Heidengraben aus dem Dornröschenschlaf erwecken. Nürtinger Zeitung, 2. Juli 2019, abgerufen am 1. August 2021.

Koordinaten: 48° 32′ 0″ N, 9° 27′ 0″ O

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