Ficus Ruminalis

Die Ficus Ruminalis (etwa Ruminalischer Feigenbaum, auch Ruminalischer Baum, arbor Ruminalis oder rumina ficus) war ein Feigenbaum am Forum Romanum im antiken Rom.

Denar, 137 v. Chr. (Sextus Pompeius), VS Roma, RS Wölfin mit Zwillingen vor Feigenbaum.[1]
Venus- und Mars-Altar mit Wölfin, Fundort Piazzale delle Corporazioni, Ostia Antica.
Peter Paul Rubens: Romulus und Remus.

Mythologie

Der Legende nach wurden Romulus und Remus als Säuglinge in einem Korb auf dem Tiber ausgesetzt. An der ficus Ruminalis blieb der Korb, in dem die Kinder saßen, hängen. Dort fand sie eine Wölfin, die die Kinder säugte.[2] Der Name lässt sich demnach von lateinisch rumis („Zitze“) ableiten.[3] Ein Heiligtum der Göttin Rumina, deren Kult mit Romulus und Remus verbunden ist, befand sich in der Nähe des Baums.[4]

Geschichte

Mit Rücksicht auf die Topographie der Romuluslegende sind seit der literarischen Bearbeitung in augusteischer Zeit zwei Standorte des Feigenbaumes durch schriftliche Quellen greifbar. Bereits in der Römischen Königszeit soll der Baum vom Augur Attus Navius durch ein Wunder vom Palatin auf das Comitium in die Nähe des Lacus Curtius versetzt worden sein,[5] wonach er zur Zeit des Titus Livius bereits mehr als 500 Jahre auf dem Forum stand. Demnach wäre der frühere Standort derjenige am Hang des Palatin in der Nähe des Lupercal. Dass der Name ficus Ruminalis in späterer Zeit für beide Orte überliefert ist, kann durch Verwechslung begründet sein. Möglicherweise behielt der alte Standort den Namen oder es wurde ein Baum nachgepflanzt. Zur Verwirrung könnte auch beigetragen haben, dass für den Standort am Palatin eine Statue des Attus Navius durch Livius bezeugt ist.[6] Am neuen Standort auf dem Comitium befand sich eine Bronzegruppe mit der Darstellung der Zwillinge und der Wölfin, die nach Dionysios von Halikarnassos ebenfalls unter Attus Navius geweiht worden sein soll.[7]

Das Schicksal der Ficus Ruminalis wurde aufgrund ihrer mythologischen Bedeutung und Lage mit dem des Staats verknüpft. Starb der Baum ab, galt dies als unheilvolles Vorzeichen und er musste durch die Priester neu gepflanzt werden.[8] Ein solcher Fall ist von Tacitus für das Jahr 59 n. Chr. in der Regierungszeit Kaiser Neros belegt.[9]

Im 20. Jahrhundert wurden auf dem Comitium wieder drei Feigenbäume am mutmaßlichen Standort angepflanzt.[10]

Literatur

  • Filippo Coarelli: Rom. Ein archäologischer Führer. Verlag von Zabern, Mainz 2000, ISBN 3-8053-2685-8, S. 70, 73 und 85.
  • Christian Hünemörder: Feige. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 4, Metzler, Stuttgart 1998, ISBN 3-476-01474-6, Sp. 456–457.
  • Kurt Latte: Römische Religionsgeschichte. Beck, München 1960, Nachdruck 1992, ISBN 3-406-01374-0, S. 111f. (Handbuch der Altertumswissenschaft. Abteilung 5, Teil 4).
  • Franz Olck: Feige. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band VI,2, Stuttgart 1909, Sp. 2100–2151.
  • Friedrich Pfister: Rumina. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band I A,1, Stuttgart 1914, Sp. 1225 f.
  • C. Robert III. Phillips: Rumina. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 10, Metzler, Stuttgart 2001, ISBN 3-476-01480-0, Sp. 1160.
  • Ficus Ruminalis. In: Samuel Ball Platner, Thomas Ashby: A Topographical Dictionary of Ancient Rome. Oxford University Press, London 1929, S. 208 (online bei LacusCurtius).

Einzelnachweise

  1. Babelon: Pompeia 1; Sydenham 461; Crawford 235/1a.
  2. Titus Livius: "ab urbe condita" 1, 3, 5; Plinius der Ältere: Naturalis historia 15, 77; Varro: De lingua Latina 5, 54.
  3. Festus 326, 332f.; Varro: De lingua Latina 5, 54; Christian Hünemörder: Feige. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 4, Metzler, Stuttgart 1998, ISBN 3-476-01474-6, Sp. 457. C. Robert II. Phillips: Rumina. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 10, Metzler, Stuttgart 2001, ISBN 3-476-01480-0, Sp. 1160 (mit abweichenden Ansichten).
  4. Varro, De re rustica 2, 11, 5.
  5. Dionysios von Halikarnassos 3, 72.
  6. Livius 1, 36.
  7. Dionysios 1, 79.
  8. Festus 270.
  9. Tacitus: Annalen 13, 58.
  10. Coarelli S. 85.

Die News der letzten Tage