Eran (Begriff)

Ērān ist eine im 3. Jahrhundert aufkommende Bezeichnung für Gebiete, in denen Menschen leben, die die iranische Sprache sprechen; es ist somit nicht deckungsgleich mit der Bezeichnung für den modernen Staat Iran. Ērān steht im Gegensatz zu Anērān,[1] dem Land der Nicht-Iranier. Es handelt sich gleichzeitig um religiös und politisch gebrauchte Begriffe, da Anērān in diesem Sinne mit dem Feind Irans und des Zoroastrismus gleichgesetzt wurde.

Im alten Persien tauchen die Begriffe Airya und Anairya bereits im Avesta auf. Ērān ud Anērān (Iran und Nicht-Iran) wurden aber erst in der Spätantike von den Königen des Sassanidenreichs geprägt. Während Anērān erst in der Zeit von Schapur I. bezeugt ist, wurde Ērān bereits von dessen Vater Ardaschir I. in Inschriften und auf Münzen benutzt. Die spätantiken Perserkönige nahmen für sich in Anspruch, die gesamte zivilisierte Welt unter ihrer Herrschaft in ihrem Reich Ērānšāhr vereinigt zu haben. Das bedeutete nicht, dass Anērān unterworfen werden musste, aber es sollte die Oberhoheit von Ērān anerkennen. Diese politische Ideologie diente nicht zuletzt der Unterfütterung des Herrschaftsanspruches der Sassanidenkönige.[2] Šāhān šāh ērān ud anērān (König der Könige von Ērān und Anērān) blieb auch in der Folgezeit Titulatur der Sassanidenkönige.

Zusätzlich zu dieser stark herrschaftsideologischen Unterscheidung existierten reell neben Ērān im Westen Hrōm/Rūm (Römisches Reich) und im Nordosten in Transoxanien Tūrān, das Land feindlich gesinnter Nomaden (Iranische Hunnen und seit Mitte des 6. Jahrhunderts die Göktürken), die die Perserkönige bekämpfen mussten.[3] In diesem Zusammenhang bestand für die spätantiken Perserkönige unter anderem die Aufgabe, die zivilisierte Welt von Ērānšāhr gegen die äußere Welt zu verteidigen. Aus achämenidischer Zeit ist der ummauerte Garten ein bekanntes Symbol (altpersisch paridaida, verstanden im Sinne eines irdischen Paradieses),[4] das verbunden war mit einer gewissen sakralen Komponente. Touraj Daryaee hat diesbezüglich die These aufgestellt, dass das Motiv eines geschützten Gartens von den Sassaniden als ein Symbol für die Absicherung des Reiches nach außen benutzt wurde, wobei die Sassaniden auch real eine aktive Grenzsicherung betrieben.[5]

Literatur

  • Matthew P. Canepa: The Two Eyes of the Earth. Art and Ritual of Kingship between Rome and Sasanian Iran. Berkeley 2009.
  • D. N. MacKenzie: Ērān, Ērānšahr. In: Encyclopædia Iranica

Anmerkungen

  1. Artikel Anērān, in: Encyclopædia Iranica
  2. Vgl. allgemein auch Matthew P. Canepa: The Two Eyes of the Earth. Art and Ritual of Kingship between Rome and Sasanian Iran. Berkeley 2009, S. 53ff.
  3. Zur Geschichte Ostirans in der Sassanidenzeit und den diesbezüglichen nomadischen Invasoren siehe Khodadad Rezakhani: ReOrienting the Sasanians. East Iran in Late Antiquity. Edinburgh 2017.
  4. Mehrdad Fakour: Garden I. Achaemenid Period. In: Encyclopaedia Iranica 10, S. 297 f.
  5. Touraj Daryaee: If these Walls Could Speak. The Barrier of Alexander, Wall of Darband and Other Defensive Moats. In Stefano Pellò (Hrsg.): Itineraries on the Edges of Iran. Venedig 2016, S. 79–88, speziell S. 82–86.

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