Fossilien zeigen Folgen der Ozeanerwärmung auf

Presseldung vom 09.12.2020

Forschende aus Berlin und Großbritannien haben die ökologischen Auswirkungen einer raschen und ungewöhnlich intensiven Phase der Klimaerwärmung während der Jurazeit vor etwa 182 Millionen Jahren auf die Meeresfauna erforscht. Sie zeigen anhand der überlieferten Fossilien auf, dass sich mit dem Temperaturanstieg des Meerwassers die Artenvielfalt und Biomasse drastisch verringerten und sich die Zusammensetzung der damaligen Lebensgemeinschaften nachhaltig änderte. Die Studie zeigt, welche Langzeitfolgen der gegenwärtigen Klimakrise für die Ökosysteme der Meere möglich sind.


Die Forschenden wählten für ihre Untersuchungen eine besonders vollständig überlieferte, fossilreiche Gesteinsabfolge im heutigen Zentralspanien, das während des Jura von einem subtropischen Flachmeer überflutet war. Mit Hilfe geochemischer Methoden bestimmten sie zunächst in den kalkigen Schalen von Austern und Brachiopoden die Konzentration verschieden schwerer Sauerstoffatome, deren Verhältnis abhängig von der zu Lebzeiten vorherrschenden Wassertemperatur ist. Damit gelang den Forschern eine lückenlose Dokumentation des Temperaturverlaufs über einen ca. 2,5 Millionen Jahre dauernden Zeitabschnitt während der Jurazeit, der die Phasen vor, während und nach der Klimaerwärmung umfasst.


Eine Auster aus der Jurazeit

Publikation:


Piazza, V., Ullmann, C.V. & Aberhan, M.
Ocean warming affected faunal dynamics of benthic invertebrate assemblages across the Toarcian Oceanic Anoxic Event in the Iberian Basin (Spain)
PLOS ONE

DOI: 10.1371/journal.pone.0242331



Der untersuchte Zeitabschnitt beinhaltet eine sehr ausgeprägte Warmphase. „Der Temperaturanstieg erfolgte relativ rasch und die Treibhausphase hielt über mehrere 100.000 Jahre an. Die durchschnittliche lokale Ozeanerwärmung lag bei 3,5 °C mit Spitzenwerten bei über 5 °C,“ sagt Clemens Ullmann von der University of Exeter, der die geochemischen Analysen durchführte. Ein Teil des untersuchten Materials ist jetzt in der Forschungssammlung des Museums für Naturkunde Berlin.

Der Temperaturanstieg der Meere führte zu weitreichenden Folgen für die damaligen Lebensgemeinschaften auf dem Meeresboden, die im Wesentlichen aus Muscheln, Schnecken, Brachiopoden und einzelnen Korallen bestanden. Sämtliche vor der Erwärmung im Untersuchungsgebiet lebenden Arten von Brachiopoden – Meerestiere, die den Muscheln äußerlich ähneln, aber einen eigenständigen Tierstamm bilden – starben in der Anfangsphase der Erwärmung aus. Dadurch hat sich die Zusammensetzung der Lebewelt drastisch und nachhaltig verändert. Mit Einsetzen der Treibhausphase nahmen Artenvielfalt, Anzahl der Einzeltiere, und Biomasse drastisch ab. Die zuvor artenreiche Brachiopodenfauna wurde durch eine einzelne, invasive, kleinwüchsige Art ersetzt, die unter den extremen Bedingungen überlebensfähig war.

Sehr auffällig ist die hohe ökologische Instabilität während der gesamten Dauer der heißen Phase, in der die Artenvielfalt starken Schwankungen unterworfen war. „Auch die ökologische Zusammensetzung fluktuierte in dieser Zeit stark, beispielsweise die Anteile von auf dem Meeresboden lebenden Tieren gegenüber solchen, die eingegraben im Meeresboden wohnten; oder von Arten, die sich aktiv bewegen konnten gegenüber solchen, die stationär lebten“, erläutert Martin Aberhan vom Museum für Naturkunde Berlin, der die ökologischen Untersuchungen leitete. Mit dem Ende der heißen Phase traten dann komplett neue Lebensgemeinschaften auf.

Bisherige Untersuchungen des kritischen Zeitabschnitts im Jura in anderen Regionen führten die Faunenkrise meist auf die Ausbreitung von sauerstoffarmen Meeresgewässern zurück. Die neue Studie zeigt jedoch, dass die vielfältigen Veränderungen der Lebewelt absolut synchron mit den geochemisch ermittelten Temperaturänderungen verlaufen, während es keinerlei Hinweise auf Sauerstoffarmut gibt. „Unsere Untersuchungen ergaben, dass je nach Meeresregion verschiedene Mechanismen unterschiedlich starken Einfluss auf die Meeresorganismen haben können und in unserem Fall der Temperaturstress der entscheidende Faktor war“, fasst Martin Aberhan zusammen.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Museum für Naturkunde - Leibniz-Instituts für Evolutions- und Biodiversitätsforschung via idw-online.de erstellt


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