Hürnen Seyfrit

Hie schmirt sich Seyfrid vnd wirdt aller hürnen, dann zwischen den schultern nicht, mittelalterlicher Stich zum Hürnen Seyfrid

Der Hürnen Seyfrit („Das Lied von Siegfried mit der Hornhaut“) ist eine Fassung der Siegfriedsage. Der früheste bislang bekannte Druck stammt aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts.[1]

Überlieferungen

Hie wirfft der Hürnen Seyfrid den Rysen vber den Trachenstain ab, mittelalterlicher Stich
Hie sitzt Seyfrid vnd die Junckfraw auff dem Trachenstain vnd wöllen essen, so kumpt der Trach gefaren, vnd bringt sechtzig jung Trachen mit jm, Stich

Der Hürnen Seyfrit (oder Hürnen Seyfrid) zeigt, dass es unterschiedliche Überlieferungen zu Siegfrieds Jugend gegeben hat. In ihm wird über Siegfrieds Jugend gleich zweimal berichtet, einmal als Königssohn, einmal als Knecht bei einem Schmied, als würden einander widersprechende Parallellieder einfach aneinandergereiht. Dadurch entsteht zwar ein, als Ganzes betrachtet, indiskutabel heterogenes und widersprüchliches Werk, für die Kenntnis von Parallelüberlieferungen ist es aber wertvoll. Das Werk ist in gedruckten Fassungen (und in einem neuentdeckten handschriftlichen Fragment) ab dem 16. Jahrhundert erhalten; doch zeigen ähnliche Sagendetails in der Thidrekssaga und in spätmittelalterlichen Bearbeitungen des Nibelungenliedes, dass Vorstufen davon schon ab dem 13. Jahrhundert existierten.

In einer 1726 erschienenen Ausgabe wird das Lied vom Hürnen Seyfried als Eine wunderschöne Historie Von dem gehörnten Siegfried in Prosa nacherzählt. Nach dem Titel des Buches wurde die Sage „Aus dem Frantzösischen ins Teutsche übersetzt, und von neuen wieder aufgelegt“.[2][3]

Wissenswertes

In Worms gab es einige Objekte, die dem Hürnen Seyfrit zugeordnet wurden. Dazu zählte auch ein Siegfried-Grab,[4] das Kaiser Friedrich III. 1488 öffnen ließ, ohne allerdings einschlägige Funde zu machen.

Juspa Schammes aus Worms hat im 17. Jahrhundert einen Ausschnitt der Geschichte in einer eigenen Erzähl-Variation in seine Geschichten-Sammlung Ma'asseh nissim aufgenommen, in der ein Schmied den Lindwurm tötet, der Worms bedroht, und dann dessen Königin heiratet.[5]

Textausgaben

  • Wolfgang Golther (Hrsg.): Das Lied vom Hürnen Seyfrid nach der Druckredaktion des 16. Jahrhunderts. Mit einem Anhange Das Volksbuch vom gehörnten Siegfried nach der ältesten Ausgabe (1726) (Reihe Neudrucke deutscher Litteraturwerke des XVI. und XVII. Jahrhunderts). Niemeyer, Halle 1889 bzw. 1911.
  • Kenneth Charles King (Hrsg.): Das Lied vom Hürnen Seyfrid. Manchester University Press, Manchester 1958 (Edition und gute Einleitung).
  • Peter Suchsland (Hrsg.): Deutsche Volksbücher in drei Bänden. Erster Band: Historie von dem gehörnten Siegfried. Aufbau, Berlin und Weimar 1975.
  • Siegfried Holzbauer (Hrsg.): Das Lied vom Hürnen Seyfrid. Neu illustriert von Siegfried Holzbauer. Mit Beiträgen von Ralph Breyer. Wieser, Klagenfurt / Wien u. a. 2001. ISBN 3-85129-348-7.
  • Verio Santoro: La ricezione della materia Nibelungica tra Medioevo ed Età moderna: Der hürnen Seyfrid. Laveglia, Salerno 2003. ISBN 88-88773-04-5.

Faksimile-Drucke

  • Otto Clemen (Hrsg.): Das Lied vom Hürnen Sewfried (Zwickauer Facsimiledrucke, Nr. 6). F. Ullmann, Zwickau 1911.

Literatur

  • Theodor Lindemann: Versuch einer Formenlehre des Hürnen Seyfrid. Mit d. 24 Holzschnitten d. neuentdeckten Strassburger Druckes v. 1563 als Anhang. Niemeyer, Halle 1913.
  • Roswitha Wisniewski: Das Heldenleben-Schema im Hürnen Seyfrid. In: Festschrift O. Höfler 1976, S. 704–720.
  • Volker-Jeske Kreyher: Der Hürnen Seyfrid: die Deutung der Siegfriedgestalt im Spätmittelalter. Lang, Frankfurt am Main u. a. 1986. ISBN 3-8204-8245-8.
  • Claude Lecouteux: La légende de Siegfried d’après „La chanson de Seyfried à la Peau de Corne“ et „La saga de Þiðrekr de Vérone“. Textes présentés et trad. par Claude Lecouteux. Éd. du Porte-Glaive, Paris 1995, ISBN 2-906468-33-9.
  • Claude Lecouteux: La légende de Siegfried d’après „La chanson de Seyfried à la Peau de Corne“ et „La saga de Þiðrekr de Vérone“. Textes présentés et trad. par Claude Lecouteux. Ed. la Völva, Besançon 2015, ISBN 979-10-95451-00-6.
  • Jürgen Beyer; John L. Flood: Siegfried in Livland? Ein handschriftliches Fragment des Liedes vom Hürnen Seyfrid aus dem Baltikum. In: Lied und populäre Kultur / Song and Popular Culture. Jahrbuch des Deutschen Volksliedarchivs, 45, 2000, S. 35–71. ISSN 1619-0548.
  • Ralph Breyer: Der Hürnen Seyfrid: ein Forschungsbericht. In: Sagen- und Märchenmotive im Nibelungenlied. 2002, S. 97–120, ISBN 3-9806754-8-3.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Peter Suchsland (Hrsg.): Deutsche Volksbücher in drei Bänden. Erster Band: Historie von dem gehörnten Siegfried. Aufbau, Berlin / Weimar 1975, S. 300.
  2. Peter Suchsland (Hrsg.): Deutsche Volksbücher in drei Bänden. Erster Band: Historie von dem gehörnten Siegfried. Aufbau, Berlin und Weimar 1975, S. 241.
  3. Eine wunderschöne Historie von dem gehörnten Siegfried: was wunderlicher Abentheuer dieser theure Ritter ausgestanden, denckwürdig u. mit Lust zu lesen; aus d. Franz. ins Teutsche übersetzet, u. jetzt wieder übersehen u. verb. Ausgabe der Bibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München. Zahlreiche Neuauflagen bzw. Nachdrucke, zuletzt 1979.
  4. Eugen Kranzbühler: Worms und die Heldensage. Worms 1930, S. 84ff.
  5. Juspa Schammes: Der Name von Worms und der Schlüssel in seinem Wappen. In: Fritz Reuter und Ulrike Schäfer: Wundergeschichten aus Warmaisa. Juspa Schammes, seine Ma’asseh nissim und das jüdische Worms im 17. Jahrhundert. Warmaisa, Worms 2007, S. 36f. ISBN 3-00-017077-4.

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