
Hugo Obermaier (* 29. Januar 1877 in Regensburg; † 12. November 1946 in Freiburg, Schweiz) war ein bedeutender Prähistoriker.
Werdegang
Als Sohn des Königlichen Studienrates Professor Anton Obermaier wuchs Hugo Obermaier in gutbürgerlichen Verhältnissen auf. Von 1886 bis 1895 besuchte er das Königliche Alte Gymnasium in Regensburg, wo er nach dem Absolutorium (heute Abitur) von 1895 bis 1900 am Königlichen Lyceum Theologie und Geschichte studierte. Im Jahre 1897 traf er auf Joseph Fraunholz und half diesem bei der Erforschung der Kastlhänghöhle bei Essing im Unteren Altmühltal.
Im Jahre 1900 wurde er zum Weltpriester geweiht, beantragte jedoch nach kurzer Zeit die Beurlaubung von seinen Ämtern, um sich einem Studium der Altertumswissenschaften widmen zu können. Diese wurde gewährt, und er studierte anschließend von 1901 bis 1904 in Wien die Fächer Prähistorische Archäologie, Physische Geographie, Geologie, Paläontologie, Ethnologie, Deutsche Philologie und Anatomie. Zu seinen Lehrern zählten in dieser Zeit unter anderem Rudolf Hoernes, Albrecht Penck und Josef Szombathy. 1904 wurde er mit einer Arbeit über Die Verbreitung des Menschen während des Eiszeitalters in Mitteleuropa promoviert. Nur vier Jahre später habilitierte er sich mit dem Thema Die Steingeräte des französischen Altpaläolithikums. Im September 1909 wurde er trotz des Widerstandes von Albrecht Penck Privatdozent in Wien. Von 1909 bis 1914 nahm er an mehreren Grabungskampagnen in der spanischen Höhle El Castillo teil.
1911 nahm er eine Professorenstelle am neu gegründeten Institut de Paléontologie Humaine in Paris an, die er bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges besetzte. Während dieser Zeit unternahm er zahlreiche Forschungsreisen zu bekannten archäologischen Fundplätzen in Europa, wie zum Beispiel in die Höhle von El Castillo und die Cueva de La Pasiega. Langjährige Freundschaften verbanden ihn mit den französischen Paläolithforschern Émile Cartailhac und Henri Breuil[1] sowie den deutschen Prähistorikern Ferdinand Birkner und Paul Wernert. Während eines Spanienaufenthaltes im Jahre 1914 entschloss er sich, zunächst am Museo Nacional de Ciencias Naturales in Madrid zu arbeiten und wurde 1922 auf einen eigens für ihn umgewidmeten Lehrstuhl an der Universität Complutense Madrid berufen. Wissenschaftliche, persönliche und politische Gründe veranlassten ihn, in Anbetracht des heraufziehenden Dritten Reichs im November 1932 auf den einen Monat zuvor erfolgten Ruf an den vakanten Berliner Lehrstuhl Max Eberts zu verzichten. 1924 wurde er zum korrespondierenden Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften ernannt. Seit 1927 war er Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften.
Infolge des Spanischen Bürgerkrieges, dessen Beginn im Juli 1936 mit einem Aufenthalt Obermaiers in Oslo zusammenfiel, musste er aufgrund politischer Schwierigkeiten und fachlicher Rivalitäten seinen Lehrstuhl aufgeben. Im Jahre 1939 verließ er Spanien für immer, um eine Professorenstelle in Freiburg (Schweiz) anzunehmen. Dort verstarb er nach mehr als einjähriger schwerer Krankheit im örtlichen Theologenkonvikt.
Hugo-Obermaier-Gesellschaft
Die wissenschaftlichen Verdienste Hugo Obermaiers liegen in der Altsteinzeitforschung. Obermaiers synthetische Darstellung der europäischen Urgeschichte im Werk „Der Mensch der Vorzeit“ (1912) trug zu Beginn des 20. Jahrhunderts maßgeblich zur Europäisierung der Urgeschichtsforschung bei. Am 23. Juni 1951 wurde auf Initiative des Erlanger Prähistorikers Lothar Zotz die Hugo Obermaier-Gesellschaft gegründet. Zu den Gründungsmitgliedern gehörten Archäologen, Geologen, Paläontologen und Anthropologen. Im Jahre 1956 erhielt die Gesellschaft den Zusatz „für Erforschung des Eiszeitalters und der Steinzeit“.[2]
Publikationen
(Auswahl, chronologisch gereiht)
- (zusammen mit Franz Xaver Kießling): Das Plateaulehm-Paläolithikum des nordöstlichen Waldviertels von Niederösterreich. Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien 41, 1911, S. 51ff.
- Der Mensch der Vorzeit. Allgemeine Verlags-GmbH Berlin, München & Wien, 1912.
- El Hombre fosil. Colegio Universitario de Ediciones Istmo Madrid, 1916 (Neuauflage als Faksimile 1985)
- (zusammen mit Leo Frobenius): Hadschra Maktuba. Urzeitliche Felsbilder Kleinafrikas. 1. Lieferung (von 6). Kurt Wolff Pantheon-Verlag für Kunstwissenschaft Florenz, Pantheon und München, 1925
- (zusammen mit Carl Walter Heiss): Iberische Prunk-Keramik vom Elche-Archena-Typus. 1929
- (zusammen mit Herbert Kühn): Buschmannkunst. Felsmalereien aus Südafrika. Nach den Aufnahmen von Reinhard Maak bearbeitet. Kurt Wolff Pantheon-Verlag für Kunstwissenschaft Florenz, Pantheon und München, 1930
- (zusammen mit Joseph Bernhart): Sinn der Geschichte. Eine Geschichtstheologie. Herder Freiburg i. Br., 1931.
Literatur über Hugo Obermaier
- Moure Romanillo, A. (ed.): "El hombre fósil" 80 años después. Volumen conmemorativo del 50 aniversario de la muerte de Hugo Obermaier. Universidad de Cantabria, Santander 1996, S. 325-343
- Christian Züchner: Hugo Obermaier (1877-1946). Dokumente seines Lebens und Wirkens im Archiv der Hugo Obermaier-Gesellschaft zu Erlangen. In: Madrider Mitteilungen, Band 36, 1995, S. 48-59
- Christian Züchner: Hugo Obermaier (Regensburg 1877 - Fribourg 1946). Leben und Wirken eines bedeutenden Prähistorikers. In: Quartär, Band 47/48, 1997, S. 7-28
- Christian Züchner: Obermaier, Hugo. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 19. Duncker & Humblot, Berlin 1999, ISBN 3-428-00200-8, S. 396 f. (Digitalisat).
- Christian Züchner: Hugo Obermaier, Regensburg 1877 – Fribourg 1946. (Kapitel in: R. T. Hosfield, F. F. Weban-Smith, M. I. Pope (Hrsg.): Great Prehistorians – 150 Years of Palaeolithic Research, 1859-2009 In: Lithics. Journal of the Lithic Studies Society, Band 30, 2009, S. 143-152
Einzelnachweise
- ↑ Henri Breuil, Hugo Obermaier: Les premiers travaux de l'Institut de Paléontologie Humaine. L'Anthropologie 23, 1912, S. 1–27
- ↑ Christian Züchner: Fünfzig Jahre Hugo Obermaier-Gesellschaft für Erforschung des Eiszeitalters und der Steinzeit. Geschichte und Ziele der Gesellschaft. Quartär 53/54, 2006, S. 9-20
Weblinks
- Literatur von und über Hugo Obermaier im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Biographie von Hugo Obermaier auf der Website der HOG
- Leben und Wirken von Hugo Obermeier; Beitrag zum 50. Todestag pdf 4,1 mb
- Homepage der Hugo Obermaier-Gesellschaft
- Hugo Obermaier im Historischen Lexikon der Schweiz
Personendaten | |
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NAME | Obermaier, Hugo |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Archäologe |
GEBURTSDATUM | 29. Januar 1877 |
GEBURTSORT | Regensburg |
STERBEDATUM | 12. November 1946 |
STERBEORT | Freiburg im Üechtland |